Viele von uns haben die Pflege und Gestaltung von Bonsai anhand von praktischen Richtlinien gelernt.
Man topft im zeitigen Frühjahr um, düngt während der Wachstumssaison, beschneidet seine Bäume regelmäßig, um die Verzweigung zu entwickeln, legt Draht im Winkel von 45° an und so weiter. Diese Richtlinien sind korrekt und funktionieren, aber ohne die Vorgänge im Inneren der Pflanze zu verstehen und die Ästhetik von Bonsai zu begreifen wird man irgendwann an einen Punkt gelangen, an dem man keine Fortschritte mehr macht.
Ein wichtiges Thema: Hormone
Hormone sind daran beteiligt, die Form einer Pflanze zu bestimmen. Knospen öffnen sich, Zellen verlängern sich, Trieb- oder Wurzelwachstum wird stimuliert, all dies durch die Wirkung von Hormonen. Es gibt viele Pflanzenhormone, aber die beiden wichtigsten, die man kennen sollte, wenn es um Bonsai geht, sind Auxin und Cytokinin. Diese werden als die “Yin-Yang”-Hormone betrachtet, da sie entgegengesetzt und doch in Harmonie miteinander wirken.
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Auxin wird in großen Mengen von den großen Endknospen der Zweige produziert, dem apikalen Meristem (Teilungsgewebe). In kleineren Knospen werden geringere Mengen produziert. Auxin wandert vom Trieb hinunter in den Wurzelbereich und regt dort neues Wurzelwachstum an. Auf dem Weg dorthin bremst es das Wachstum kleinerer Triebe und sorgt dafür, dass schlafende Knospen weiterhin inaktiv bleiben. Wenn wir die großen Spitzenknospen abschneiden, entfernen wir dort die Auxin-Fabriken, so dass die schlafenden Knospen und schwächeren Triebe ihr Wachstum aufnehmen können. Und dies ist der Beginn der Verzweigung eines Bonsai.
Cytokinin wird in den Wurzeln produziert.
Existieren ausreichend viele Wurzel ist in i. d.R. genug Cytokinin vorhanden, das dann im Xylem (den hölzernen Leitungsbahnen) den Baum hinauf wandert und dort neben anderen Hormonen das Lägenwachstum stimuliert. Beide Hormone Cytokinin und Auxin stehen in Wechselwirkung zueinander. Befinden sie sich im Gleichgewicht so sollten auch Trieb- und Wurzelwachstum im Einklang stehen. So konnte nachgewiesen werden, dass ein Übermaß von Cytokinin verstärktes Triebwachstum bewirkt, während überwiegendes Auxin vermehrtes Wurzelwachstum zur Folge hat. Die Bedeutung für Bonsai-Techniken Wie beeinflussen die Bonsai-Techniken diese Hormone und wie sehen in der Konsequenz unsere Bäume aus? Wenn man einen Baum natürlich wachsen lässt, sind seine Hormone im Gleichgewicht. Die meisten Eingriffe bei der Bonsai-Gestaltung, wie das Pinzieren oder Beschneiden, abhängig vom Zeitpunkt, zu dem diese erfolgen, erzielen eine Reaktion in Form von Wachstum wegen des entstandenen Hormonungleichgewichts. Wenn man beispielsweise einen Ast einer Satsuki-Azalee abschneidet, was passiert dann? Viele Triebe entstehen in der Nähe der Schnittstelle und vielleicht auch weiter unterhalb, weil hier nun weniger Auxin gebildet wird und ein Übergewicht von Cytokinin entsteht. Dieses Ungleichgewicht führt zur Bildung neuer Triebe.
Was geschieht beim Umtopfen eines Baums im Frühjahr?
Ein Mangel an Cytokinin entsteht. Dieser resultiert in einem Übergewicht von Auxin, das neues Wurzelwachstum stimuliert. Das Frühjahr ist eine ausgezeichnete Zeit zum Umtopfen, weil die austreibenden Knospen und damit die Menge des von ihnen produzierten Auxins das Nachwachsen neuer Wurzeln bewirkt.
Oft ist es am besten, wenn man nach dem Umtopfen etwas länger wartet als sonst, ehe man die Triebe zurückschneidet, vielleicht bis zum Frühsommer, um das von den Spitzenknospen produzierte Auxin für das Nachwachsen des Wurzelwerks auszunutzen. Allgemein ist es nicht ratsam, Koniferen während der Umtopfzeit stark zu beschneiden, während dies bei vielen Laubbäumen gemacht werden kann. Da Nadelbäume nicht so leicht eine Rückknospung nach Wunsch machen, ist eine üppige Krone, die viel Auxin und Zucker produzieren kann, nötig um das Wurzelsystem zu regenerieren.
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Diese Zusammenhänge und einiges mehr behandelt der neue, englischsprachige Onlinekurs The Bonsai Fundamentals Course von Bonsai Empire und Michael Hagedorn. Er umfasst Videos mit den folgenden Inhalten: - Pflanzenphysiologie, japanische Ästhetik und Gestaltungsgrundsätze |