erschienen in BONSAI ART 71

Ulmus, Zelkova – Ulme

Die Familie der Ulmaceae umfasst an die 2000 Spezies und 6 Gattungen, die sich über die milden, tropischen und subtropischen Klimazonen der Erde verteilen. Die Ulmen und der Gemeine Zürgelbaum sind ihre wichtigsten Vertreter, wobei unter Bonsailiebhabern die Zelkove ebenfalls sehr bekannt ist. Ulmen sind verholzende Bäume, die sich sehr stark entwickeln, nur selten die Form von Sträuchern annehmen und zu den Laub abwerfenden Spezies gehören. Eine Ausnahme ist Zelkova nire (Chinesische Ulme), die ihr Blattwerk, da es sich um eine Pflanze subtropischen Ursprungs handelt, auch im Winter behält.


In der Natur kann die Ulme eine Höhe von 20 Metern erreichen und sogar überschreiten. Sie hat einen dicken, tendenziell eher geraden Stamm mit einer graubraunen oder dunkelbraunen, bei den einheimischen Spezies rauen und bei der Chinesischen Ulme glatten Rinde. In der Natur wächst das Zweigwerk rundlich, breit oder leicht lanzettförmig. Die Blätter sind einfach, oval, gezackt mit kurzem oder stark entwickeltem Blattstängel, auf der Unterseite rau. Die Blüten (selten an Bonsaiulmen) bilden sich normalerweise gegen Ende des Winters vor den Blättern, so dass die Fruchtbildung mit dem Sprießen der Blätter zusammenfällt. Die Frucht, die wohlbekannte Flügelnuss, ist von einem membranartigen Flügel in Form einer Scheibe umgeben, die nur einen Samen enthält.
Die Chinesische Ulme blüht im Herbst und bildet ihre Früchte gegen Ende dieser Jahreszeit. Die Blüten sind grün- oder rötlich und entstehen and den zwei Jahre alten Zweigen. Die Samen sind platt und mit Flügeln bestückt.
Auch die Zelkoven, die unseren Ulmen sehr ähnlich sind, gehören zur Familie der Ulmaceae. Es sind baumartige Pflanzen, die über 30 Meter hoch werden können, mit einem glatten, grauen Stamm und wechselständigen Blättern mit einem kurzen Blattstängel. Die Blätter sind stark gezahnt mit einer je nach Variante rauen oder glatten Oberfläche. Die kleinen Blüten sind eingeschlechtlich und grün; die Frucht ist eine eiförmige Steinfrucht, die nicht größer als eine Pflaume wird. In der Bonsaikunst werden die aus Japan stammende Zelkova serrata und die Zelkova nire aus China verwendet, die als Zimmerbonsai gehandelt wird.

Die Ulme als Bonsai

Dass die Ulme auch „bonsaitauglich“ ist, ist durch ihre lange Kultivierungsgeschichte in der Schale nachgewiesen. Es handelt sich im Übrigen um eine der im Hinblick auf verschiedene Klimate widerstands- und anpassungsfähigsten Spezies. Dennoch ist eine unverzichtbare Bedingung, damit sie gesund und von kompaktem Erscheinungsbild bleibt, ein Standort mitten in der Sonne. Ulmen werden in der Regel in Stilen gestaltet, die ihr natürliches Wachstum am besten wiedergeben: streng und locker aufrecht, Kaskade, Waldform oder auf einem flachen Felsen. Ein besonderer Fall ist die Besenform, der Stil für die Zelkova serrata schlechthin. Als die Bonsaistile klassifiziert und definiert wurden, wurde die Besenform speziell für die Darstellung von Zelkova serrata geschaffen.

Vermehrung
Sie ist leicht über Samen, Stecklinge und Abmoosen zu vermehren, und gute Ergebnisse erzielt man auch mit in der Natur gefundenen oder für den Garten gezogenen Exemplaren.
Die Samen von Ulmus pumila, U. campestris, Celtis australis und Zelkova serrata sind alle leicht zu bekommen. Werden die Samen gesammelt und nicht käuflich erworben, müssen die Flügel abgenommen werden, in die sie eingewachsen sind. Danach werden sie vor dem Einpflanzen vierundzwanzig Stunden in Wasser gelegt. Ausgesät werden können sie von Anfang März bis Mitte Mai. Als Saatkasten kann man eine Kiste mit vielen Dränagelöchern verwenden, der Boden sollte jeweils zur Hälfte aus Torf und Sand bestehen. Eine Dränage ist wichtig. Die Samen werden mit einem Abstand von einem Zentimeter eingesetzt und dann mit einer Schicht feiner Erde bedeckt, die doppelt so stark ist, wie der Samen. Nach einem Wasserbad wird der Saatkasten geschützt vor Wind in die Sonne gestellt: Innerhalb von 2–3 Wochen keimen die Samen aus.
Stecklinge von Ulmen können im Winter, im Frühjahr und sogar im Sommer gezogen werden. Nachdem die Stecklinge gesteckt worden sind, wird das Behältnis mit einer durchsichtigen Plastikfolie abgedeckt, die mit einem Gummiband befestigt wird. Gegossen wird, sobald die Erde auszutrocknen beginnt. Wenn sich an den Stecklingen kleine Blätter bilden, werden in die Plastikfolie kleine Löcher gemacht. Sobald die Triebe die Plastikabdeckung berühren, wird diese abgenommen und das Behältnis so hingestellt, dass die Setzlinge in der Sonne stehen. Der gesamte Vorgang kann 2–3 Wochen dauern, wenn es sich um Stecklinge aus dem Frühjahr oder Sommer handelt.
Abgemoost wird im Mai/Juni, wenn die Aktivitäten der Bäume intensiver sind. Die gewöhnliche Methode sieht dazu die Entfernung eines Rindenringes in dem Bereich des Stammes oder Astes vor, an dem sich die neuen Wurzeln entwickeln sollen. In diesem Fall ist es wichtig, die Rinde und die Kambiumschicht mit einem gut geschliffenen Messer vollständig zu entfernen. Auf den Schnitt werden Wurzelhormone aufgebracht und der Bereich mit feuchtem Moos umwickelt, das mit einer Plastikfolie am Stamm befestigt wird. Im Juli beginnt der abgemooste Teil kräftig zu wachsen und kann dann von der Mutterpflanze getrennt werden. Wenn das Material sehr jung ist, kann die Trennung auch im Herbst vollzogen werden.
Angesichts des robusten Charakters der Spezies ist es nicht schwer, Ulmen auch zwischen Felsen, auf verlassenen Feldern oder an Wegesrändern zu finden. Im Allgemeinen, soweit der Ort des Wachstums keine Weide oder felsig ist, können nur der Ansatz und die Wurzeln des Baums verwendet werden. Es kann leicht sein, dass die oberen Äste im Verhältnis zum Stamm zu dick sind, weshalb sie entfernt werden. Danach das Ast- und Zweigwerk rekonstruiert werden muss. Ulmen können auch im Winter mit kahlen Wurzeln ausgegraben werden, weil sie problemlos radikal beschnitten werden können, dennoch sollte die größtmögliche Anzahl feiner Wurzeln mit ausgegraben werden. Junge Ulmen in der Schale zu bescheidenen Preisen sind in fast allen Bonsaicentern zu erstehen. Meist handelt es sich bei den sehr preiswerten Pflanzen jedoch um reines Rohmaterial, das viel Zeit und kundige Hände braucht, um sich zu entwickeln.

Standort
Der ideale Standort liegt draußen an einer sonnigen und gut belüfteten Stelle. Ulmen vertragen Kälte, die Chinesischen Ulmen sollten allerdings geschützt und nach innen gebracht werden, wenn die Temperatur draußen unter 10°C fällt. Im Haus sollten sie, soweit möglich, in einem Meter Entfernung von einem sehr hellen Fenster aufgestellt werden, am besten nach Süden ausgerichtet.

Gießen
Jedes Mal, wenn die Erde trocken wird, muss reichlich gewässert werden. Besondere Aufmerksamkeit ist im Sommer geboten, weil bei einem Standort mitten in der Sonne auch zweimaliges Gießen am Tag notwendig werden kann. Kann dafür nicht garantiert werden, sollte die Ulme in den Schatten oder höchstens in den Halbschatten gestellt werden, um so den Wasserbedarf zu bremsen. Zu den wärmsten Zeiten ist es besser, morgens oder am späten Abend zu gießen.

Beschneiden
Befindet sich der Baum noch in der Strukturierungsphase, können im Winter die dicksten Äste durch drastisches Beschneiden gegen feinere ausgetauscht werden, auch wenn dadurch das Wachstum von Trieben aus dem Stamm stimuliert wird. Beim Beschneiden von Zweigen einer gewissen Dicke muss darauf geachtet werden, einen konkaven Schnitt auszuführen.
Der Schnitt der Zweige ist kein Problem, weil Schnittstellen sehr schnell verheilen, ohne dass sich Schwellungen bilden. Es ist aber eine gute Gewohnheit, die Wunden immer mit Wundverschlusspaste zu bedecken.
Die Ulme tendiert zur Entwicklung eines dichten Zweigwerks, weshalb gerade bei ihr ein ordnungsgemäßes und konstantes Beschneiden wichtig ist. Dabei werden die sich kreuzenden, nach innen, nach oben oder nach unten oder horizontal wachsende Zweige entfernt. Außerdem werden die Zweige mit langen Internodien und ohne Verzweigung sowie diejenigen gekürzt, die sich häufig in der Spitze bilden und solche, die aus der Silhouette herauswachsen.

Drahten
Das Drahten der Ulme erfolgt in den ersten Phasen der Gestaltung. In Anbetracht der Geschwindigkeit ihres Wachstums ist es schwer, einen mehr als 2 cm dicken Stamm zu biegen, zumal auch Spanndrähte zu schnell einschneiden. Die für das Drahten beste Zeit ist der Winter, wenn sich der Baum in der Ruhephase befindet, oder nach dem Entlauben. Da die Rinde der Zelkova für den Druck durch Draht sehr sensibel ist, muss dauernd geprüft werden, dass dieser nicht einschneidet. Besser ist es, den Draht vorher mit Papier zu umwickeln und nicht zu eng anzulegen. Chinesische Ulmen können während der Gestaltung den Draht in nur einem Monat komplett „absorbieren“. Heimische Ulmen wachsen langsamer, weshalb es ausreicht, den Draht nach zwei oder drei Monaten zu entfernen.

Pinzieren
Die wichtigsten Eingriffe in der Wachstumsperiode sind das Pinzieren und Entlauben. Hauptziel des Pinzierens ist es, das Wachstum der Zweige zu bremsen. Es ist eine gewissenhaft zu erledigende Arbeit, die sowohl das Pinzieren der Triebe vorsieht, die aus der Silhouette herausragen, als auch das Entfernen der größten Blätter an den Spitzen der Zweige, um die Kraft auszubalancieren. In der Regel lässt man die Triebe wachsen, bis sie 4–5 Blätter erreicht haben, schneidet dann auf 2–3 Blätter, je nach dem Bereich, in dem sie wachsen, zurück.
Das Entlauben verhindert, dass die Zweige sich verdicken. Zelkova und Ulmus werden von Mai bis Mitte Juni entlaubt, wenn die Blätter reif sind. Durch Befühlen erkennt man diesen Zustand. Sie fühlen sich wie Papier an und produzieren ein leichtes Rascheln. Ein vollständiges Entlauben ist eigentlich nie ratsam, darum sollten die kleinen und schwachen Blätter in den Innenbereichen der Zweige besser stehen bleiben.

Umpflanzen
Die beste Zeit für das Umpflanzen der Ulmen ist das Ende des Winters, wenn sie sich auf das Austreiben vorbereiten. Die Chinesischen Ulmen werden dagegen erst im späten Frühling (April/Mai) umgepflanzt. Bei den bereits gestalteten Exemplaren bleibt 1/3 des Ballens bei jedem Umpflanzen stehen; bei den jungen Pflanzen kann beschnitten werden, bis die Wurzeln einen Ansatz für ein gutes Nebari gebildet haben. Die Häufigkeit des Umpflanzens hängt vom Alter des Baumes ab: Junge Bäume alle 1–2 Jahre, die bereits gestalteten alle 2–3 Jahre. Die empfohlene Substratmischung besteht aus 80% Akadama und 20% Lavagranulat.

Düngen
Da das Wachstum so stark ist, erschöpfen sich die Nährsubstanzen sehr schnell, weshalb vom Frühling bis zum Abfallen der Blätter ständig, außer in den Monaten Juli und August, gedüngt werden muss. Was die Zimmervarietäten (Chinesische Ulme) betrifft, so ist zu empfehlen, auch im Winter sporadisch zu düngen. Für das Düngen können sowohl flüssige, Anwendung alle 8–10 Tage, als auch feste Produkte eingesetzt werden.

Krankheiten
Man sollte die Ulme regelmäßig kontrollieren, vor allem im Frühling, weil diese Spezies bei Schildläusen, Blattläusen und der gefürchteten Spinnmilbe sehr beliebt ist. Die Ulmenkrankheit, die die Ulmen seit Beginn des 20 Jh. in Europa dezimiert, wird von saugende Insekten übertragen und ist vor allem bei den Bäumen in der Natur verbreitet, weshalb man sie bei Bonsai kaum antrifft.