erschienen in BONSAI ART 55

Ilex – Stechpalme

Stechpalmen gehören zur Familie der Aquifoliaceae, sie sind vor allem in den tropischen und subtropischen Zonen beheimatet. Von den ungefähr 400 bekannten Arten kommt nur Ilex aquifolium in Europa natürlich vor. In Mitteleuropa ist die Stechpalme der einzige immergrüne Laubbaum. In den nördlichen Breiten ist sie sehr beliebt, weil sie gerade hier ihre ansprechende Baumform ausbildet. In manchen Ländern ist sie – wie bei uns die Fichte oder Tanne – aufgrund ihres immergrünen Laubes als Weihnachtsbaum geschätzt.

In ihrer typischen Form ist die Stechpalme ein breiter und kompakter Strauch mit unempfindlichen, glänzenden, leuchtend grünen Blättern. Bei Ilex aquifolium zieht sich die Blattäderung zu Stacheln aus. Sie stehen am Blattrand abwechselnd nach oben und unten. Im Frühling bedecken sich die Zweige mit weißen Blüten, aus denen sich bei dieser zweihäusigen Pflanze nur an den befruchteten weiblichen Exemplaren kleine Steinfrüchte bilden, die Beeren ähnlich sehen. Sie nehmen nach und nach eine korallenrote Färbung an und bleiben bis in den Winter hinein an den Zweigen haften. Unter den Gartenpflanzen werden die immergrünen Ilex wegen ihrer Früchte, der Krankheitsresistenz und Schattenverträglichkeit geschätzt. Ihr Holz ist von wirtschaftlichem Nutzen. Die Blätter einiger Spezies finden auch medizinische Anwendung. Aus ihnen gewinnt man Präparate mit harntreibender, anregender und entzündungshemmender Wirkung.

Die Stechpalme als Bonsai

Die Stechpalme ist einer der Fruchtbäume, die sich am einfachsten und elegantesten als Bonsai gestalten lassen. Da es sich, wie bereits erwähnt, um eine zweihäusige Spezies handelt, verteilen sich männliche und weibliche Blüten auf verschiedene Pflanzen. Die Bäume, die männliche Blüten tragen, sind dadurch charakterisiert, dass sowohl die Blüten als auch die Verzweigung zarter sind. Aber nur die weiblichen Exemplare bringen Früchte hervor. Ein weiterer Vorzug mancher Ilexarten ist ihre spektakuläre Blüte und die Fähigkeit, sich an alle Bonsaistile anzupassen. Die am häufigsten verwendeten Varietäten sind Ilex crenata, die Jap. Stechpalme (ihre Blätter und Zweige sind feingliedrig), und Ilex serrata, die Jap. Winterbeere mit dünnen, länglichen Blättern. Diese sind den Blätter von Kirsche und Apfel ähnlicher als den sattgrünen, dornigen Blättern unserer heimischen Art.

Vermehrung
Ilex werden vor allem durch Abmoosen und Stecklinge, manchmal auch durch Sa­men vermehrt. Da es sich um eine schnell wachsende Art handelt, ist es nicht schwer, auch mit der letztgenannten Methode gute Ergebnisse zu erzielen. Die Vorgehensweise ist einfach: Im März pflanzt man in eine Schale mittlerer Tiefe eine begrenzte Anzahl Samen aus dem vorherigen Jahr. Aber Vorsicht! Bevor man aussät, muss die holzige Hülle mit einem Messer oder mit Sandpapier bearbeitet werden, um ein leichteres Keimen zu ermöglichen. Das ideale Substrat besteht zu hundert Prozent aus feinkörnigem Akadama, das ständig feucht, aber nicht nass gehalten werden muss. Das Behältnis sollte bis zum Beginn der Keimung in die Sonne und an die Luft gestellt werden. Im Laufe ihrer Entwicklung kann man nach und nach die Pflanzen auswählen, die am kräftigsten wachsen. Die Schwächsten werden aussortiert. In drei oder vier Jahren erhält man so eine genügende Anzahl von Sämlingspflanzen, die zum Umpflanzen in einzelne Anzuchtschalen und zur Gestaltung zum Bonsai geeignet sind.
Eine andere Möglichkeit zur Vermehrung ist das Ablegen oder Abmoosen. Die bekannte Methode, die in den Monaten April/Mai angewendet wird, besteht aus dem ringförmigen Entrinden des Teiles des Stammes oder Zweiges, der Wurzeln bilden soll. Wichtig dabei ist, gut sterilisiertes Werkzeug zu verwenden. Die entrindete Stelle wird zunächst mit Bewurzelungshormonen bestäubt und dann mit feuchtem Torfmoos be­deckt. Darüber wird dann eine (schwarze) Plastikfolie gezogen, die das Moos umschließt und an den Enden gut befestigt wird. Sobald sich neue Wurzeln bilden, wird die junge Pflanze von der Mutterpflanze getrennt und in eine Anzuchtschale gesetzt. Was Stecklinge betrifft, so können sowohl grüne als auch verholzte oder halbverholzte Triebe als Stecklinge geschnitten werden. Auch mit Wurzelstecklingen er­zielt man gute Ergebnisse. Trotz ihrer Effizienz ist diese Methode bei vielen Laubbäumen jedoch noch nicht sehr verbreitet. Beim Umpflanzen und Beschneiden der Wurzeln kann man die kräftigeren Wurzeln zur Vermehrung eintopfen. Diese Möglichkeit wird oft übersehen und gutes Ausgangsmaterial einfach weggeworfen.

Standort
Obwohl es sich um eine die Wärme liebende Spezies handelt, ist sie selbst strengen Temperaturen gegenüber sehr anpassungsfähig. Die Ilex können ruhig das ganze Jahr über nach draußen gestellt werden, vorausgesetzt, die Wurzeln werden in der kältesten Zeit des Winters vor dem Einfrieren bewahrt und die Blätter vor eisigem Wind geschützt. Völlig problemlos kann man die Stechpalme selbst den intensiven Strahlen der Sommersonne aussetzen. Nur die jungen Pflänzchen müssen zu den heißesten Tageszeiten geschützt werden. Aber auch sie gewöhnen sich schrittweise an diese Bedingungen. Will man eine schöne Fruchtbildung genießen, dann muss man unbedingt Sorge tragen, dass die Blüten vor starkem Wind oder Regen geschützt werden. Indem man sie einfach unter das Regal stellt, können sie auch unter widrigen Umständen bestäubt und damit befruchtet werden.

Gießen
Stechpalmen brauchen ausreichend Wasser. Auf das Gießen ist vor allem dann besonderer Wert zu legen, wenn sich die Früchte gebildet haben. Bei Wassermangel fallen die Beeren ab oder verlieren ihre Farbe, und außerdem welken die Blätter. Das Fehlen von Wasser führt zudem dazu, dass die Triebe langsamer reifen, wodurch sich die Blütenknospen ungleich entwickeln. Deshalb ist dafür zu sorgen, dass der Boden immer feucht ist oder besser noch, dass er zwischen zweimal Gießen nicht austrocknet. Beim Bewässern darf der Wasserstrahl nie direkt auf die Blüten gerichtet werden, sondern nur auf das Substrat, denn wie durch niederprasselnden Regen können sonst die Blüten beschädigt oder abgerissen werden.

Beschneiden
Nachdem der mit Beeren behangene Baum ausgiebig bewundert wurde, wird er im Spätherbst oder zu Beginn des Winters beschnitten. Dabei bleiben 2-3 Knospen stehen. Eine weitere Möglichkeit bietet sich im Frühjahr, wobei dann ebenfalls die Zweige, die für die Fruchtbildung wachsen durften, bis zum zweiten oder dritten Knoten zurückgeschnitten werden. Die Form des Baumes zu erhalten ist also nicht schwer, da sich die Blütenknospen nicht auf den neuen Trieben, sondern auf den Zweigen des vorherigen Jahres bilden. So kann man zurückschneiden, ohne die Blüte zu gefährden. Da die Spezies sehr vital ist, ist das Beschneiden auch unter der Perspektive des Wuchskraftausgleiches zu sehen. Die Triebe der Krone und die Spitzen der kräftigsten Äste müssen also immer wieder entschlossen zurückgeschnitten werden. Der Formschnitt erfolgt besser im Spätherbst oder zu Beginn des Winters.

Pinzieren
Richtiges Pinzieren garantiert ein kompaktes Wachstum. Das Pinzieren muss zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Die Triebe, die sich an unerwünschten Stellen gebildet haben, werden sofort nach dem Austrieb entfernt. Das begünstigt die nutzbaren Triebe, die solange weiter wachsen können, bis sie das ideale Maß für die Formgebung erreicht haben.

Umpflanzen
Die Stechpalme profitiert stark, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit umgepflanzt wird. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr sollte sie zu Beginn eines jeden Frühjahrs umgepflanzt werden. Die Wurzeln sind sehr fein und vital und können in einer Wachstumsperiode die Schale füllen. Dadurch wird das richtige Gießen sehr erschwert. In höherem Alter kann alle zwei Jahre umgepflanzt werden. Die ideale Mischung für diese Spezies besteht aus 50 % Akadama, 30% Komposterde und 20 % Lavagranulat.

Düngen
Ein verbreiteter Fehler bei der Kultur der Stechpalme ist eine zu hoch dosierte Düngung. Diese Pflanze ist sehr vital und widerstandsfähig. Sie benötigt keine hohen Düngergaben. Zu empfehlen ist vor allem organischer Dünger vom Frühjahr bis zum Herbst. (Nicht während der heißen Monate düngen!)

Krankheiten
Die Pflanze leidet vor allem unter Minierkäferlarven. Der Angriff dieser Parasiten ist in der Wachstumsperiode im Frühjahr am wahrscheinlichsten. Am wirkungsvollsten gegen Befall sind vorbeugende Behandlungsmethoden. Hat sich das Krankheitsbild erst einmal gezeigt, so müssen wenigstens drei Behandlungen mit einem spezifischen Produkt in einem Abstand von zehn Tagen vorgenommen werden.