„100 Jahre Bonsai Deutschland“ von Th. Pallmer, H. Obermayer, J. Frahnow

Basic Bonsaivon Jürgen Zaar

Die beiden Veröffentlichungen haben gemein, dass sie höchst aktuell von diesem Jahr sind und sich mit Grundlagen des Bonsai, wenn auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln, befassen. Das Team Pallmer/Obermayer/Frahnow aus dem Osten der Republik hat eine Bonsaiausstellung zum Anlass genommen, die Geschichte des Bonsai in Deutschland nachzurecherchieren. Der bekannte Gestalter Jürgen Zaar hat seine Perspektive etwas anders ausgerichtet. Er stellt das Basiswissen in der Bonsaikultur zusammen, die Basics der Bonsaigestaltung.

 

Zuerst zu einer Publikation, die eine bisher einmalige Arbeit geleistet hat. Die drei Autoren haben in wirklicher Fleißarbeit einem Thema Aufmerksamkeit geschenkt, ohne das Bonsai hier in Deutschland nicht wirklich zu verstehen ist: seiner Geschichte. Die meisten würden sicher annehmen, dass Bonsai eine Erscheinung des Hobbybereiches ist, die vor etwa dreißig Jahren in Deutschland auftauchte. Mit dem Heft, in der Form nicht unähnlich der BONSAI ART, wird die Bonsaigeschichte in Deutschland das erste Mal ernsthaft zusammengefasst. Die Autoren befassen sich in drei Teilen mit den folgenden Zeiträumen: 1683–1945 „Von der schönen Augenlust...“, 1946–1989 „Bonsai im geteilten Deutschland“ und 1990–2007 „European Bonsai“.
Diese drei Teile werden durch unterschiedliche Beiträge ergänzt, die als weitere Themen das Begleitheft zur Jubiläumsausstellung in Dresden-Pillnitz (15.–17.6.2007) vervollständigen. Hier möchte ich mich aber nur auf die drei geschichtlichenHauptteile beziehen.
Klar wird bald, dass der Begriff Bonsai erst 1926 in der deutschen Sprache auftauchte. So kann man vor diesem Datum nur indirekt von „Bonsai“ sprechen, wenn kleine Bäume mit vergleichbaren Techniken, wie z.T. heute noch, bearbeitet wurden. Auch in Japan wird der Ausdruck Bonsai erst Ende des 19. Jh. gebräuchlich. Meist umschrieb man diese Kuriosa als „Zwergbäume der Japanesen“. 1692 wurden diese Zwergbäume das erste Mal bei Georg Meister in deutscher Sprache erwähnt. Oft geht es bei den Beschreibungen um Obst- und Blütenbäume.
Das erste Auftauchen der Bonsai im Westen wird meist auf 1878 zur Pariser Weltausstellung datiert. Das Autorenteam findet jedoch eine Quelle, die eine erste Bonsaipräsentation 1873 nahelegt. Um 1900 wird Japan populär, diesmal seine funktional einfachen Formen, die die Architekten und Künstler faszinieren. Missverständnisse entstehen jedoch immer, wenn versucht wird, ohne ge-naue Kenntnisse der Techniken, die Gründe für den „Zwergwuchs“ zu entschlüsseln.
Der erste Teil endet mit der Bewertung von Bonsai im Nationalsozialis-mus als „Abnormalitäten“, die als Fremdlinge nichts in deutschen Gärten verloren hätten.
Diese vielfältige Sammlung von frühen literarischen Fundstücken zeigt die interessierte Haltung Bonsai gegenüber, die in früheren Zeiten herrschte und in neueren, die stärkere Ressentiments hervorbrachte.
Der zweite Teil führt an, dass die USA (seit der Centennial Exposition 1876) und Großbritanien (seit der jap.-brit. Ausstellung 1910) sehr viel früher vom Bonsaivirus erfasst worden sind und somit eine längere Tradition pflegen als Mittel- bzw. Südeuropa. (Erster Bonsaiclub in Kalifornien 1950, in dem J.Y.Naka bereits eine Rolle spielte.) In diesem Teil geht es verstärkt um Bonsai in Ost- und Westdeutschland, wofür Figuren wie Wilhelm Elsner (DDR, sein Porträt im Heft) und Paul Lesniewicz (BRD, zusammen mit Horst Krekeler, mit dem es ein Interview im Heft gibt) stehen. Für viele wird dieser Teil Neuland in Sachen Ost-Bonsai sein.
Der dritte Teil (European Bonsai) konzentriert sich auf Wolf-D. Schudde, dem für die Fortentwicklung des Bonsai in Europa ein zentraler Stellenwert zugemessen wird. Diese Einschätzung kann man bezweifeln und die Autoren tun das auch selbst implizit (Untertitel: Ausweg oder Irrweg?), waren aber wohl aufgrund der Vielfalt der Entwicklungen und dem Mangel an theoretisch explizierten Positionen mit einer Zusammenschau überfordert. (Ich werde im nächsten Heft eine Einordnung von Bonsai in die Kunst der Moderne versuchen.)
Dieses Heft ist vor allem dank seines ersten Teils höchst interessant und wichtig. Es ist ein meines Wissens nach erster konkreter Versuch einer Verortung von Bonsai in deutscher und europäischer Geschichte.

 

100 Jahre Bonsai Deutschland.
Thomas Pallmer, Herbert Obermayer, Jörg Frahnow; 78 Seiten, DINA4, durchgehend farbig, Broschur, 8,00 Euro

 

Basic Bonsai

Jürgen Zaars Buch, im für Bonsai beliebten Querformat, leistet, was es verspricht. Es stellt die Grundlagen der Techniken dar, die ein bisher dem Bonsai fremd gegenüberstehender Interessent braucht, um selbst damit anzufangen. Dabei gibt er einen guten, wenn auch etwas unübersichtlichen Einblick: Es fehlt dabei z.B. ein Inhaltsverzeichnis am Anfang. Man findet es mehr zufällig am Ende des Buches hinter der Werbung (!).
Auch das Layout ist gewöhnungsbedürftig, weil unruhig und überladen. Es gibt praktisch keine Seite, auf der nur Text und/oder Bilder sind, sondern die sonst übliche weiße Grundseite ist fast immer (mit Ausnahme ganzseitiger Fotos) selbst ein Foto. Dieses Foto ist stark in den Kontrasten abgeschwächt und gibt den Hintergrund ab, auf dem die Fotos und oft schwer lesbare Texte angeordnet sind. Was vereinzelt durchaus reizvolle Tiefe herstellt, ist bei exzessiver Anwendung wie hier unklar und ermüdend.
Es gibt viele Details, die den unruhigen Eindruck verstärken und den Leser irritieren. Das mag mit der Herstellung in Litauen zu tun haben, wo scheinbar andere Standards gelten.
Sei‘s drum, das Buch bietet auf gut 100 Seiten dem Anfänger viele Basics und dazu wichtige Erfahrungen des Autors, die ja nicht jeder selbst machen muss. Es ist so eine Einstiegshilfe.

Basic Bonsai.
Jürgen Zaar; 104 Seiten, 27,5cm x 21,5 cm, durchgehend farbig, Hardcover, 27,80 Euro

Nachgelesen:

Leider widmet sich die Rezension von Michael Exner mehr der graphischen und gestalterischen Ausführung des Buches und weniger dem Inhalt. „Basic Bonsai“ ist aus meiner Sicht das erste Einsteigerbuch, das die Grundlagen modernen Bonsais in so kompakter Form darstellt und den unbedarften Bonsailaien nicht auf Um- oder Irrwege führt. Keine seitenlangen Ausführungen über Samenanzucht und Stecklingsvermehrung, dafür, wohl erstmalig in einem Einsteigerbuch, detailreiche Erläuterungen zu Yamadoribergung, -kultivierung und -gestaltung. Moderne Gestaltungstechniken, die bis dato fast nur in Fachzeitschriften beschrieben wurden, sind in dem Buch detailliert bebildert und beschrieben dargestellt, etwa moderne Totholz- und Biegetechniken. Ich persönlich habe in dem Buch etwas gefunden, wonach ich lange vergeblich gesucht habe: einen prophylaktischen Spritzplan zur Gesunderhaltung der Bäume. Bei der Beurteilung der graphischen Ausführung sollte erwähnt werden, dass das Buch für den litauischen bzw. osteuropäischen Markt konzipiert ist, wo Jürgen Zaar seit Jahren vorbildliche Basis- und Aufbauarbeit leistet.

Thomas Pallmer (Pirna)