BONSAI ART
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„Der Bildband der Kokufu-ten 2015“

Die Kokufu-ten, die alljährlich im Februar in Tokyo stattfindet und einen frühen großen Höhepunkt im Bonsaijahr markiert, bestätigte auch in diesem Jahr ihre herausragende Bedeutung. Der Bildband der 89. Kokufu-ten Bonsaiausstellung zeigt die dort präsentierten Bonsaimeisterwerke und dokumentiert gleichzeitig aktuelle Trends.

„Der Bildband der Kokufu-ten 2015“ Das gewohnte Layout und Format des Kokufu-ten-Bildbands mit Schutzumschlag und Schuber wurde unverändert beibehalten. Der aktuelle Band ist mit 375 Seiten noch ein wenig umfangreicher als sein direkter Vorgänger.
In den begrenzten Räumlichkeiten des Metropolitan Art Museum in Tokyo wurde die Ausstellung wieder in zwei Teilen gezeigt, was sich im vergangenen Jahr bereits bewährt hatte. Je etwa 180 Präsentationen, davon 5 Shohin-Displays, waren jeweils vier Tage lang zu sehen, unterbrochen von einem Tag Umbaupause. Die zahlenmäßige Übermacht der Nadelbäume scheint sich auf der diesjährigen Kokufu-ten noch etwas verstärkt zu haben.
Während in den vier Ausstellungsräumen die Bonsai auf türkisem Stoff aufgestellt und mit farbigem Licht lebhaft in Szene gesetzt wurden, wirken die Fotos im Bildband dagegen mit ihrem meist schneeweißen Hintergrund etwas steril.
In der Siegerliste der ersten Abteilung wurden eine frei aufrechte Schwarzkiefer, ein massiver Itoigawa-Wacholder, ein Sternjasmin in Halbkaskadenform, ein Deshojo-Fächerahorn und ein höchst beeindruckendes Shohin-Display ausgezeichnet. Während die prämierte Schwarzkiefer fast wie eine Bonsai-Karikatur wirkt, mit ihrer im wahrsten Sinn des Wortes auf die Spitze getriebenen dreieckigen Krone, ist der ebenfalls ausgezeichnete dreistämmige Fächerahorn mit seinem hervorragenden Nebari und der gewellten Schale, die es perfekt betont, ein Laubbaum, der seinesgleichen sucht.
Im zweiten Teil der Ausstellung gingen die Preise an eine klassische Mädchenkiefer, einen Dreispitzahorn mit überdimensionalem Nebari, eine harmonische Quitte, eine typische Zelkowe und eine Mädchenkiefer in Kaskadenform.
Mich persönlich fasziniert besonders der ungeheuer verdrehte und knorrige Granatapfel auf Seite 274 neben dem preisgekrönten Shohin-Display auf Seite 188, das eine selten gesehene Qualität und Ausdruckskraft besitzt.
Der Anteil der nicht-japanischen Aussteller hat eine steigende Tendenz, 2015 mit bereits acht Exponaten, deren Eigentümer aus den USA, Frankreich und Italien stammen.
Es fällt auf, wie unterschiedlich die Handschriften verschiedener Bonsaimeister sind. Manche Bäume haben äußerst akkurate, haubenförmige Kronen, andere wirken ungezwungen und natürlich, einige sind ausgesprochen licht, dagegen werden andere mit dichtem, üppigem Laub präsentiert. Mehrere Mädchenkiefern sind nicht gedrahtet und wirken fast etwas unordentlich, während bei anderen keine einzige Nadel aus der Reihe tanzt. Einige Fichten und Hemlocktannen sowie die eine oder andere Kiefer haben sich die Zeugnisse ihrer Yamadori-Herkunft deutlich bewahrt und zeigen herrlich wilde, urwüchsige Strukturen. Dreispitzahorne werden meist als Mehrfachstamm oder auf Felsen gezeigt, oft sogar auf reizvolle Weise beides gleichzeitig. Einige bezaubernde Blütenbäume erfreuen den Freund des Lieblichen, und für das Auge dessen, der das Ungewöhnliche sucht, findet sich eine Handvoll kurioser Gestaltungen.
Für die Liebhaber höchster Bonsai-Qualität ist auch der Kokufu-Bildband Nr. 89 mit Sicherheit eine lohnende Anschaffung.

 

Rezension von Heike van Gunst aus BONSAI ART 134