Geboren wurde Yusuke Hamamoto 1979 in Kashiwa, das in der Präfektur Chiba ca. 50 km nördlich von Tokio liegt. Dort ist er auch aufgewachsen. Als Yusuke noch ein kleines Kind war, hat sein Großvater viel mit ihm unternommen, ist mit ihm durch Japan gereist und hat ihm dabei die Natur nahegebracht. So wurde sein Interesse an Bäumen und Pflanzen geweckt.
Im Alter von 18 Jahren entdeckte Yusuke Hamamoto seine Vorliebe für die Tätowierkunst. Allerdings sind Tätowierungen in Japan nicht gesellschaftsfähig. Sie werden dort noch immer mit organisierter Kriminalität (Yakuza) assoziiert. Man darf sich mit Tätowierungen zum Beispiel auch nicht in Schwimmbädern zeigen. Diese Tatsache beeinflusste zwangsläufig Yusukes Berufswahl. Da er mit 20 bereits diverse Tätowierungen hatte, musste er einen Beruf finden, bei dem er in seiner Lehrzeit immer lange Kleidung tragen konnte, die seine bunte Haut verbarg. So kam Yusuke Hamamoto auf die Idee, eine Lehre als Gärtner zu beginnen, denn japanische Gärtner tragen stets langärmlige Hemden und lange Hosen oder Overalls.
Die Verschönerung von etwas Gewöhnlichem ist das Ziel von Bonsai und Tätowierungen, findet Yusuke Hamamoto
Sein Lehrmeister Yamazaki, Eigentümer der Gärtnerei Satsuki-en, entdeckte innerhalb der 9jährigen Lehrzeit zum Glück keine einzige Tätowierung an Yusuke, denn sonst wäre seine Ausbildung sofort beendet gewesen. Nach 9 Jahren harter traditioneller Ausbildung konnte Yusuke schließlich seinen eigenen Betrieb gründen. Er trägt den Namen „Hamamoto Houshou-en“. Yusuke selbst besitzt etwa 500 Bonsai, von denen er viele bereits von seinem Großvater und Vater übernommen hat. Seine Tätigkeiten bei etwa 300 Kunden umfassen die Anlage und Pflege von japanischen Gärten sowie Bonsai-Gestaltung und -pflege.
In seinem Bonsai-Garten Hamamoto Houshou-en in Japan pflegt Yusuke etwa 500 Bonsai
„Am liebsten mag ich das Drahten und die nachfolgende Endgestaltung der Bäume!“ erklärt der Japaner, „Das Leben sollte wie ein Bonsai sein – es sollte schön gestaltet und gepflegt werden, dann bin ich glücklich und das ist mein Ziel!“ Weiterhin verbringt er gerne Zeit in der Natur und findet dort Bonsai-Vorbilder und Ideen in den verschiedenen Landschaften. „Ich habe unendlich viele Vorbilder im Kopf!“ erzählt Yusuke.
Auf die Frage, ob er heute seine Tätowierungen bei den Kunden sehen lassen kann, anwortet er: „Bei der Hälfte der Kunden geht das, aber die andere Hälfte ist sehr konservativ und schon älter, da ist es besser, wenn ich meine Tattoos verberge.“ Die Tätowierkunst und die Bonsai-Kunst haben in Yusuke Hamamotos Augen gewisse Gemeinsamkeiten. Beide haben eine lange Tradition und haben die Verschönerung zum Ziel.
Aus etwas Einfachem, Gewöhnlichem wird etwas Besonderes gemacht.
Eine von Yusuke Hamamoto bemalte Werkzeugbox mit Drehteller
Nachdem Bonsai in Japan jahrelang als Hobby für alte Männer galt, ist festzustellen, dass sich jetzt wieder zunehmend junge Leute dafür interessieren. Yusuke persönlich sieht sich dabei nicht unbedingt als Vorreiter, obwohl gerade er durch seine Präsenz in den sozialen Medien offenbar einen neuen Bonsai-Boom ausgelöst hat. Auf Instagram folgen ihm 29.000 Menschen täglich und bewundern seine Bonsai-Gestaltungen.
Dabei legt Yusuke Wert darauf, die neuen Bonsai-Fans mit eher jungem, preiswerten Material an die Thematik heranzuführen, um sie zu ermutigen. Er spricht damit eine andere Zielgruppe an als viele andere Bonsai-Profis, zum Beispiel fühlen sich unter anderem tätowierte und unkonventionelle junge Leute von ihm angesprochen, denen er das Gefühl gibt, nicht erst eine Art Studium absolvieren zu müssen, um Bonsai lernen zu können. Das untere Preissegment ist richtig für den Einstieg. Dabei verfolgt Yusuke dennoch ganz klar den traditionellen japanischen Weg des Bonsai und keine modernen, alternativen Strömungen.
Yusuke kontrolliert aufmerksam jeden seiner Bäume
Die Gestaltung junger Mädchen-Kiefern ist Yusukes Spezialgebiet
Die gestaltete Kiefer wird umgetopft
Im Laufe der Gestaltung. Durch die dreidimensionale Stammbewegung sieht der Baum aus jeder Perspektive anders aus
Yusuke mit der fertiggestellten Mädchen-Kiefer. Aus preiswertem, jungem Material ist ein sehr schöner Bonsai geworden
Frisch gestaltete junge Mädchen-Kiefern von Yusuke
Yusuke Hamamoto liebt es, um die Welt zu reisen, wobei er auch gerne Tattoo-Messen besucht, und seine Leidenschaft für Bonsai mit allen Menschen zu teilen. Durch seinen deutschen Freund Michael Perrech ist er nach Deutschland gekommen und hat im Bonsai-Zentrum Münsterland einen ersten Workshop gegeben. Obwohl sein Englisch nicht allzu gut ist, konnte er den Teilnehmern vom Anfänger bis zum alten Hasen alles Gewünschte bestens vermitteln, so dass am Ende alle Beteiligten zufrieden mit ihren schön gestalteten Bäumen nach Hause gehen konnten.
Aus diesem positiven Erlebnis entstand die Idee, gemeinsam mit Michael Perrech in Deutschland ein neues Projekt in Sachen Bonsai aufzuziehen. Die beiden gründen derzeit die „Classics Bonsai Nursery“ in Bottrop. Nach alter japanischer Tradition soll eine kleine, aber feine Bonsai-Gärtnerei mit entstehen. Yusuke Hamamoto wird dann zukünftig zweimal pro Jahr einige Wochen in Deutschland sein. Dabei sollen für den Anfang dann ca. 150 Bonsai, Mädchen-Kiefern und Wacholder, gestaltet werden. Diese werden dann weiterhin professionell gepflegt und überwintert.
Fotos: Anna Gala