erschienen in BONSAI ART 187

Gerade aus Japan oder China fazinieren uns die unterschiedlichsten Schalenmotive. Doch was bedeuten sie, was stellen sie dar? In dieser Rubrik wollen wir die Geschichte hinter den Darstellungen beleuchten.

 

 

SchmetterlingJapanische Schale, die mit gleich drei Schmetterlingen bemalt
wurde.

 

 

Seit jeher fasziniert der Schmetterling die Menschen weltweit. Durch seine Verwandlung von der Raupe zur Puppe im Kokon und letztendlich zum Schmetterling gilt dieser in vielen Kulturen als Symbol für Veränderung und Wiederauferstehung. Als Symbol für den Sommer, die Schönheit, Freude und Eleganz ist der Schmetterling in China ein häufig genutztes, traditionelles Motiv auf klassischen Textilien. Gestickte Schmetterlingspaare sind ein Symbol für junge Liebe, entsprechend der Volkssage „Die Schmetterlings-Liebenden“ Liang und Zhu. Am Ende der tragischen Liebesgeschichte stürzt sich Zhu in Liangs Grab, um für immer mit ihm zusammen zu sein. Vom Grab steigen dann zwei Schmetterlinge auf, die gemeinsam davonfliegen. Die zwei Schmetterlinge gelten als die beiden wiedergeborenen Seelen dieser Liebenden. Im Zhuangzi, einem alten chinesischen philosophischen Text, wird im „Schmetterlingstraum“ die Frage nach der Natur der Realität aufgeworfen. Auch in Japan werden und wurden Schmetterlingsmotive unter anderem auf Textilien und im 14. und 15. Jahrhundert auch besonders gerne auf Waffen und Möbeln dargestellt. Schmetterlinge werden auch dort mit Verstorbenen in Verbindung gebracht. Die Seele eines Verstorbenen soll die Form eines Schmetterlings annehmen oder wird von Schmetterlingen ins Jenseits geführt. Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Eine einmalige Liebe reicht bis zum Himmel. Man kehrt stets dorthin zurück, wo die liebsten Erinnerungen dem Flug Tausender weißer Schmetterlinge gleichen.“ Dieses Sprichwort ist wahrscheinlich auf die Legende vom weißen Schmetterling zurückzuführen: Ein Mann namens Takahama lebte viele Jahre lang allein und kümmerte sich jeden Tag um das Grab seiner früh verstorbenen großen Liebe. Als er im Sterben lag und sich nicht mehr um das Grab kümmern konnte, besuchte ihn jeden Tag ein weißer Schmetterling, seine große Liebe Akiko, die ihm in dieser Zeit zur Seite stand. Wie in China steht auch in Japan der Schmetterling für die Liebe und die Weiblichkeit. Entsprechend findet man Schmetterlinge häufig auf Damenbekleidung. Zu Hochzeiten reicht man gern zwei mit Origami-Schmetterlingen verzierte Sake-Gefäße. Das traditionelle Motiv des Schmetterlings hat in Japan auch Einzug in die Popkultur gehalten. So sind zum Beispiel Schmetterlinge die Begleiter der Todesgötter (Shinigami) im Anime (Animationsserie) „Bleach“, die die Seelen der Verstorbenen ins Totenreich begleiten. (CH)