erschienen in BONSAI ART 188

Gerade aus Japan oder China fazinieren uns die unterschiedlichsten Schalenmotive. Doch was bedeuten sie, was stellen sie dar? In dieser Rubrik wollen wir die Geschichte hinter den Darstellungen beleuchten.

 

 

SchmetterlingZwei Kappas auf einer Schale von Hokusen, Japan

 

Fragt man heute in Japan nach dem „Kappa“, so wird das Bild einer Kreatur von der Größe eines Kindes gezeichnet, mit grüner Haut, einem schnabelähnlichen Mund, Schwimmhäuten an Füßen und Händen, einer tellerförmigen Vertiefung auf dem Kopf, in der sich Wasser befindet, und einem Schildkrötenpanzer auf dem Rücken.

Seinen Ursprung hat der Kappa im japanischen Volksglauben. Er wird meist den Yokai, also den Dämonen und anderen übernatürlichen Geschöpfen zugeordnet, teilweise auch den Kami, den Göttern. Bereits im 7. Jahrhundert gab es erste Erzählungen über im Wasser lebende Yokai oder Wassergottheiten, die Menschen angriffen, sobald man sich ihrem Gebiet näherte. Über Generationen wurden die Geschichten über diese Wesen mündlich weitergegeben. 1820 veröffentlichte Koga Toan das Buch Suiko Koryaku („Beschreibungen des Kappa“). Seitdem folgten weitere Untersuchungen und Bücher verschiedener Autoren zum Thema Kappa.
Kappa (bedeutet Flusskind) findet man den Erzählungen nach vor allem in fließendem Süßwasser oder Seen. In vielen Überlieferungen wird von der Vorliebe der Kappas für
das Sumo-Ringen berichtet, weshalb sie gern Menschen zu einem Kampf herausfordern. Solange der Kappa Wasser in seiner Schale auf dem Kopf hat, kann er nicht besiegt werden. Da er sich aber an die Regeln des Sumo hält, wird er sich vor dem Kampf verbeugen und einen Teil seines Wassers verlieren und somit auch seiner Kraft, was den Menschen eine Möglichkeit für einen Sieg bietet. Kappas mögen besonders japanische Auberginen, Soba und fermentierte Sojabohnen, als Natto bekannt. Eine besondere Vorliebe haben sie auch für Gurken, die zu einem Großteil
aus Wasser bestehen. Aus dieser Vorliebe entwickelte sich der Name „Kappa Maki“ für Sushi-Rollen mit Gurke. Erzählungen über Kappas wurden früher oft benutzt, um Kindern und Erwachsenen Angst einzujagen: So lauern Kappas an Gewässern, um unachtsame Menschen und Tiere, wie Kühe und Pferde, unter Wasser zu ziehen. Lange glaubte man auch, dass wenn man eine Gurke gegessen hat und anschließend schwimmen geht, man sicher von einem Kappa angegriffen und ertränkt wird. Verliert der Kappa das gesamte Wasser auf seinem Kopf, wandelt sich sein Charakter zu einem wohlwollenden Wesen, welches sein anatomisches und medizinisches Wissen über Salben und Heilprozesse mit den Menschen teilt. In manchen Regionen wird der Kappa im Frühjahr und Sommer als Wassergott verehrt, im Herbst zieht sich der Kappa dann ins Gebirge zurück und wird bis zum Frühjahr zum Berggott. Dieser Wechsel wird mit Ritualen gefeiert und es wird um eine reiche Ernte gebeten. In seinem zerstörerischen Yokai-Wesen und seinem als Wassergott schöpferischen Tun wird der Kappa als Metapher für Naturgewalten gesehen. In vielen Regionen gilt der Kappa als Landwirtschaftsgott, dem man bis heute lokale Kappa-Feste widmet.
In der modernen Kultur steht der Kappa heute für sauberes Wasser und Umweltbewusstsein. Kappas werden oft als niedliche Figuren dargestellt, die auf verschiedene Weise vermarktet werden. In Büchern, Mangas, Anime, Fanartikeln, Schreibutensilien, Küchenartikeln oder auch Gartenstatuen – es gibt nichts, wo man nicht noch ein Bild eines Kappas unterbringen könnte. Insgesamt kann der Kappa heute als inoffizielles japanisches Maskottchen angesehen werden. (CH)

 

SchmetterlingNiedliche Kappas als Gartenfiguren in der Stadt Fukuoka

 

SchmetterlingDie Goldene Kappa-Kawataro-Statue in Kappabashi, Tokio