Die Schalenedition, die Roman Husmann 2020 für die BONSAI ART angefertigte, hatte großen Anklang gefunden und war schnell ausverkauft.
Jetzt schildert der norddeutsche Töpfer dieses Schalenprojekt, illustriert mit Fotos, die während des Arbeitsprozesses aufgenommen wurden.
Weitere außergewöhnliche BONSAI ART-Schalen, diesmal von Kai Sperling sind bereits in Produktion und werden voraussichtlich dieses Jahr fertig sein.
Die Herstellung einer Schalenserie mit identischen Maßen und dem gleichen Dekor erfordert bei den vielen Arbeitsschritten gute Vorbereitung, routinierte Fingerfertigkeit und große Genauigkeit. Insofern stellt dies auch für einen langjährig erfahrenen Töpfer eine gewisse Herausforderung dar.
Den Anfang nahm das Projekt „BONSAI ART-Schale“ im Frühling 2020 mit einem Anruf der Chefredakteurin Heike van Gunst, die mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, eine exklusive Schalenserie mit etwa dreißig bis fünfzig Exemplaren anzufertigen, die ein Dekor haben sollten, das die Schalen unverwechselbar und besonders macht.
Normalerweise verkaufe ich auf Bonsai-Events, auf denen ich persönlichen Kontakt zu meinen Kunden habe, viele Schalen. Da die Corona-Pandemie auch noch den Versand ins entferntere Ausland erschwerte, wo ich zahlreiche Fans habe, war meine Freude an der Töpferei einige Zeit sehr getrübt. Ich hatte mich inzwischen vermehrt mit Renovierungs- und Gartenarbeiten an meinem Haus und Grundstück beschäftigt. Die Idee mit der Schalenserie gefiel mir nun aber spontan und ich bekundete mein Interesse.
Im Mai 2020 besuchte Heike van Gunst mich in meiner Töpferwerkstatt im niedersächsischen Bohlsen und wir besprachen die Form, Größe und Glasur der gewünschten Schale. Wir planten eine ovale Schale mit einer gebräuchlichen Größe, die in einer dezenten Farbe glasiert werden sollte. Eine mattgrüne, leicht gefleckte Glasur war schnell gewählt. Heike hatte bereits eine ausgedruckte Skizze mitgebracht, die ihre Idee verdeutlichte, eine aufgehende Sonne mit sich ausbreitenden Strahlen als Dekor zu verwenden.
Diese sollte die zuversichtliche Einstellung „die Sonne geht jeden Tag wieder auf“ signalisieren und gleichzeitig auf das Land der aufgehenden Sonne anspielen, das Bonsai-Mutterland Japan.
1 - Die auf der Töpferscheibe gedrehten Schalenwände müssen ein wenig antrocknen, ehe sie in die gewünschte ovale Form gebracht werden können
2 - Nach der Fertigstellung des Schalenkörpers werden die Füße angebracht
3 - Das in einer Gipsform hergestellte Sonnenmotiv wird auf die Mitte der vorderen Schalenwand aufmontiert
4 - Das Dekor sitzt. Die Schale ist fertig, aber noch feucht
Ich konnte von früheren Aufträgen einige Dekorbeispiele und die dafür angefertigten Negativformen zeigen, die ich aufbewahrt hatte, um meine Vorgehensweise zu veranschaulichen.So w urde schnell eine Einigkeit erzielt und der restliche Nachmittag bei Tee und Kuchen im Garten gemeinsam genossen.
Später entwarf und fertigte ich ein Gipsmodell der skizzierten aufgehenden Sonne an. Hierbei musste ich die Dicke der Sonnenstrahlen und die Breite der Zwischenräume so gestalten, dass sie sich gut und klar in der zukünftigen Negativform abbilden ließen und der Ton sich sauber und heile aus der Form lösen lässt. Als dies bewerkstelligt war, fertigte ich zwei Schalenprototypen an. Es war zu Beginn besprochen worden, dass das Sonnendekor unglasiert bleiben sollte, aber aus einem Impuls heraus glasierte ich eine der beiden Prototypen vollständig und konnte bei Heikes nächstem Besuch zwei Varianten präsentieren. Wiederum bei Tee und Kuchen in meinem Garten standen die beiden Schalen mitten auf dem Tisch und wir diskutierten die beiden Varianten.
Im Folgenden zeigten wir mehreren Bonsai-Freunden aus unserem Umfeld Fotos und es zeigte sich bald, dass beide Varianten ungefähr gleich viele Befürworter fanden. So wurde bei der BONSAI ART entschieden, jeweils 25 Schalen mit glasiertem und mit unglasiertem Dekor in Auftrag zu geben.
5 - In diesen Regalen trocknen die Schalen etwa eine Woche, ehe sie erstmals gebrannt werden können
6 - Bei den bereits geschrühten Schalen, deren Dekor unglasiert bleiben soll, wird vor dem Glasieren Kaltwachs mit einem Pinsel aufgetragen
7 - Die Schalen werden in den Behälter mit der Glasur getaucht
Der eigentliche Herstellungsprozess einer ovalen Bonsai-Schale beginnt bei mir mit dem Drehen der Schalenwand auf der Töpferscheibe. Viele andere Töpfer bauen ihre Schalen frei von Hand auf, aber ich bin seit drei Jahrzehnten mit der Arbeit an der Scheibe vertraut und kann mit meiner Routine innerhalb kurzer Zeit die Schalenwand herstellen. Sie ist natürlich zunächst rund und wird nach kurzem Antrocknen beim Aufmontieren auf den mit Hilfe einer Schablone aus einer Tonplatte geschnittenen Schalenboden in die ovale Form gebracht. Am nächsten Tag wird die Schale im Bereich des Überganges zwischen dem gedrehten ovalen Rand und dem Boden in Form gebracht und geglättet. Das Drainageloch in typischer Blütenform wird ausgestochen, mein Töpfer- Stempel (und in diesem Fall auch der von BONSAI ART) eingedrückt, die Seriennummer wird eingeritzt und die Füße werden montiert.
Da die Negativform des Sonnendekors aus sehr weichem Gips besteht, muss der Ton dafür aufgeschlämmt und gesiebt werden, um Schamottkörner zu entfernen. Eine solche Form muss vorsichtig gehandhabt werden, damit sie lange genug hält, um im Fall einer Serie fünfzig mal benutzt werden zu können. Jedesmal, wenn man den überstehenden Ton abschabt, schabt man auch ein wenig Gips von der Form mit ab. Mit Schlicker wird das Dekor auf die Mitte der vorderen Schalenwand aufgeklebt.
Anschließend werden die Schalen langsam getrocknet, über ca. 7 Tage, ehe der erste Brand, der Schrühbrand, bei 920 °C erfolgen kann. Danach wird die Glasur durchTauchen aufgetragen. Bei den Schalen, deren Sonnenmotiv unglasiert bleiben musste, habe ich zum Schutz Kaltwachs mit dem Pinsel aufgetragen. Die Glasur perlt von dem gewachsten Bereich ab und das Wachs verbrennt beim Glasurbrand. Nach dem Glasieren erfolgt der Glasur- oder Glattbrand bei 1.230 °C im Elektro-Ofen.
Die fertigen Schalen nach dem Glasurbrand
BONSAI ART-Leser Martin Michaelis hat seine Schale mit der Nummer 7U bereits mit einer interessanten Koreanischen Hainbuche (Carpinus turczaninovii) bepflanzt
Es war ein schönes Erlebnis, als ich im November 2020 die fünfzig Schalen in der Redaktion der BONSAI ART in Münster anliefern konnte und ich habe mich sehr gefreut, dass sie sich anschließend so verkauften wie die sprichwörtlichen „warmen Semmeln“.
Weitere außergewöhnliche BONSAI ART-Schalen, diesmal von Kai Sperling sind bereits in Produktion und werden voraussichtlich dieses Jahr fertig sein.