In dieser Folge möchten wir einen Töpfer vorstellen, der das Angebot an individuell gefertigten Gefäßen für Bonsai in Deutschland und darüber hinaus seit Jahren bereichert: Marc Berenbrinker
Der 1967 geborene Marc Berenbrinker lebt in der Nähe von Bielefeld, ist im Hauptberuf Medientechnologe und nebenberuflich leidenschaftlicher Bonsai-Schalentöpfer. Seine Bonsai-Schalen haben einen hohen Wiedererkennungswert und manche sind mit sehr ungewöhnlichem Dekor versehen.
Wie hast Du das Bonsai-Hobby für Dich entdeckt?
Schon als Jugendlicher habe ich mich immer sehr für die Tier- und Pflanzenwelt interessiert. In unserer örtlichen Bücherei habe ich mich durch zahlreiche Bücher gelesen, bis mir eines Tages ein Buch über die „kleinen Bäume“ in die Hände gefallen ist. Es gab natürlich keinen für mich erreichbaren Fachhandel in der Nähe, so dass ich meine ersten kläglichen Versuche mit gesammelten Jungpflanzen startete. Bedingt durch meine damals begonnene Berufsausbildung blieb es allerdings erst mal bei diesen Versuchen. Ich glaube es war 1995 als ein großer Gartenmarkt in der Nähe die ersten Bonsai im Sortiment hatte. Ulmen, Ficus, Liguster, also die typischenAnfängerbäume. Von diesen Bäumen habe ich mir welche in meine Wohnung auf das Fensterbrett gestellt. Da ich seinerzeit noch keinen Garten hatte, blieb es vorläufig bei Indoors.
Wann und warum hast Du mit dem Töpfern von Bonsai-Schalen begonnen?
Das Töpfern von Bonsai-Schalen hat sich für mich zwangsläufig durch meine Bonsai ergeben. In den diversen Bonsai- Foren gab es zahlreiche Beiträge über selbst getöpferte Bonsai-Schalen. Ich fühlte mich dadurch animiert, es auch einmal zu probieren. Frei nach dem Motto: „Was die können, das kann ich auch!“ Also bin ich in den nächsten Kreativmarkt gegangen und habe mir dort Ton und etwas Werkzeug gekauft. Das war im Jahr 2007. Meine Tochter war zu dieser Zeit noch im Kindergarten und ihre Erzieherin war rein zufällig gelernte Keramikerin. Ihr Angebot, meine ersten Versuche zu brennen, habe ich natürlich gerne angenommen. Das Fremdbrennen war mir auf Dauer zu umständlich und so schaffte ich mir 2008 meinen eigenen Ofen an. Ebenfalls im Jahr 2008 ging meine Website online. Von da an stand für mich fest, dass das Töpfern eine Leidenschaft und nicht nur eine oberflächliche Beschäftigung wird.
Wie hat sich Deine Bonsai- Sammlung und Deine Töpferei entwickelt und was bedeutet beides heute für Dich?
Bei den meisten Leuten, die das Töpfern ernsthaft betreiben, bleibt weniger Zeit, sich um die eigenen Bäume zu kümmern. Bonsai ist für mich Hobby, Entspannung und Leidenschaft. Das Töpfern ist für mich Beruf, Entspannung und Leidenschaft. Bonsai und Töpfern, beides ist für mich wichtig und keines möchte ich aufgeben.
Du töpferst nebenberuflich. Wie lässt sich diese Nebentätigkeit mit Deinem eigentlichen Beruf und Deinem Familienleben vereinbaren?
Hauptberuflich bin ich seit 1984 als Medientechnologe in einer Siebdruckerei beschäftigt. Wenn es sich realisieren ließe, wäre das Töpfern mein Hauptberuf. Für zwei Jobs ist inzwischen der Tag viel zu kurz. Da meine Frau ebenfalls selbständig berufstätig ist und ihre Arbeit überwiegend von zu Hause erledigen kann, haben wir uns inzwischen gut arrangiert und die Zeit, die man mal für sich benötigt, muss man sich dann einfach nehmen.
Hattest Du einen Lehrmeister?
Nein. Alles, was ich gelernt habe, habe ich mir durch probieren selber angeeignet. Es war gerade am Anfang nicht immer einfach, die Fehlschläge wegzustecken und trotzdem weiterzumachen. Heute sind diese Fehlschläge weniger geworden, ich habe aus meinen Fehlern gelernt und bin an Erfahrung reicher geworden.
Nimmst Du an nationalen und /oder internationalen Ausstellungen teil?
Mit zwei Berufen ist es derzeit noch schwer, die Teilnahme an internationalen Ausstellungen zu organisieren. Die eine oder andere nationale Ausstellung lasse ich mir aber natürlich nicht entgehen. Bei der Bonsai-Ausstellung der Arbeitskreise Lippe Süd-Ost und Weserbergland im Schloss Schieder und bei der Shohin Passion war ich immer gerne dabei und auch auf den Sommerfesten des Bonsai-Fachforums war ich mit meinem Stand vertreten. An der BCD-Ausstellung 2017 in der Stadthalle Hameln habe ich mich ebenfalls mit meinem Händlerstand beteiligt.
Gibt es Veröffentlichungen von Dir bzw. über Dich?
Es gibt einen kurzen englischen Artikel von Youri Van Pinxteren über mich bei Bonsai Empire, der unter bonsaiempire.com zu finden ist. In der Bonsai Focus wurde 2017 ein Artikel über mich veröffentlicht. Seit Dezember 2016 bin ich in der „European Bonsai Potter Collective“ EBPC und dadurch werden Arbeiten von mir auf bonsai4me.com gezeigt. Dort gibt es einen weiteren Artikel über mich und meine Schalen. Alex Rudd (Mai Bonsai) und Harry Harrington betreiben dieses Portal und sind auch auf Facebook damit vertreten.
Meine Homepage ist mb-bonsaischalen.de und zusätzlich bin ich mit Beiträgen und Bildern meiner Arbeiten auf Facebook und Instagram zu finden.
Gibst Du Dein Wissen gerne weiter?
Die Einzigen, die mir wirklich auf die Finger schauen dürfen, sind meine Kinder. Über die grundlegenden Dinge, auf die es beim Töpfern ankommt, gebe ich mein Wissen gerne weiter. Alles andere ist für mich Betriebsgeheimnis.
Wie viele Schalen fertigst Du etwa pro Jahr an?
Inzwischen sind es wohl schon mehrere Hundert.
Was für Schalen gefallen Dir persönlich am besten?
Diese Frage ist für mich nur sehr schwer zu beantworten. Jede Stilrichtung hat für mich ihren Reiz. Mich da festzulegen würde meine Kreativität sehr stark einschränken, da ich dann nur das gerne töpfern würde, was mir persönlich gefällt. Um mich auf Kundenwünsche individuell gut einstellen zu können, halte ich meine persönlichen Vorlieben gerne zurück.
Machst Du viele Auftragsarbeiten?
Inzwischen machen Auftragsarbeiten den Großteil meiner Töpferarbeit aus. Deswegen ist es derzeit sehr schwer, meine Website regelmäßig mit neuen Schalen zu bestücken.
Man kennt von Dir schlichte, wie auch verzierte Schalen, mit Landschaftsbildern, aufmodellierten Drachen oder anderen Motiven. Hast Du eine künstlerische Ausbildung?
Ich werde oft gefragt, ob ich Vorlagen oder Schablonen für z. B. einen Drachen verwende. Die Vorlagen dazu sind in meinem Kopf. Mit meinen Händen setze ich sie um. Bevor ich mit dem Töpfern begonnen habe, waren Malen, Zeichnen und Modellbau meine großen Leidenschaften. Alle die dabei erlangten Fähigkeiten fließen nun beim Töpfern zusammen. Eine spezielle künstlerische Ausbildung hatte ich nicht. Es ist in der Tat aber so, dass alles von mir von Hand modelliert ist.
In der letzten Zeit hast Du Schalen mit ganz ungewöhnlichem Dekor hergestellt, nämlich mit Zahnrädern. Was hat es damit auf sich und welche Idee oder Philosophie steckt dahinter?
Zahnräder, wie auch Industriedesign im allgemeinen, faszinieren mich schon lange. Insbesondere wenn der Zahn der Zeit daran genagt hat. Verlassene Industrieruinen, die im Laufe der Zeit von der Natur zurückerobert werden, haben ihren ganz eigenen Reiz wenn der Rost die Technik langsam wieder in ihre Bestandteile zerlegt. Die Zahnräder, als Bestandteil dieser Technik, sind festgerostet, zum Teil sichtbar nach aussen, weil die schützende Hülle schon den Kampf gegen die Natur verloren hat. Das alles ist für mich genauso spannend wie Schiffswracks. Und schon schwirren die nächsten Ideen in meinem Kopf herum. Weil ich immer auf der Suche nach etwas anderem bin, musste ich Zahnräder ganz einfach auf Bonsai-Schalen ausprobieren. Wäre ich Maler, hätte ich welche gemalt und als Fotograf hätte ich sie auch zu meiner „Lost Places“-Galerie hinzugefügt.
Neu ist auch der Oktopus als plastisch aufmodelliertes Motiv. Was bedeutet Dir dieses Tier und was sagt es auf einer Schale aus?
Drachen habe ich mittlerweile nun schon einige getöpfert und neben Fröschen, Libellen und vielen anderen Tieren stand der Oktopus schon länger auf meiner To-do-Liste. Diese Tiere sind sehr schlau und zudem wandlungsfähig in Form und Farbe. Als strategische und neugierige Geschöpfe dürfen sie bei mir nach Lust und und Laune auch gerne mal Bonsai-Schalen dekorieren. Ich brauche viel Abwechslung in meiner Tätigkeit als Töpfer, was auch gleichzeitig immer neue Herausforderungen bedeuten.
Was kennzeichnet Deinen persönlichen Stil?
Ich schaue mir gerne Schalen anderer Töpfer an. Mein Bestreben ist aber nicht, nachzutöpfern, sondern weiterhin meinen eigenen Weg zu gehen. Künstlerische Freiheit und Spaß an dieser Arbeit sind für mich elementar. So bekommen meine Arbeiten von selbst ihren Wiedererkennungswert.
Welche Hilfsmittel und Werkzeuge benutzt Du beim Töpfern?
Als wichtigstes Hilfsmittel betrachte ich eine schöne Tasse Kaffee, auch wenn dieser dann oft genug kalt wird. Meine Hände sind sehr wichtig und gutes Arbeitslicht. Als typisches Werkzeug benutze ich Messer, Lineal, Abziehschienen, Glättholz, Drahtschlingen, Pinsel und Schwamm. Für spezielle Arbeiten benutze ich natürlich auch spezielles Werkzeug, welches ich mir zum Teil selber angefertigt habe.
Fällt es Dir schwer, Dich von verkauften Schalen zu trennen?
Am Anfang war es schon schwer. Jetzt steckt zwar immer noch viel Herzblut in jeder Schale, aber ich kann mich gut davon trennen. Mein Vorteil ist der, dass ich mir ja jede Schale in ähnlicher Form noch einmal töpfern kann.
Wie wichtig ist das Internet für Dich?
Wenn man bedenkt, dass wir vor gar nicht langer Zeit unsere Ware aus dem Katalog mit einer Bestellkarte bestellt haben, ist das Internet schon sehr wichtig. Wir leben in einem virtuellen Zeitalter, das müssen wir akzeptieren. Warum sollte das nicht jeder für sich selbst nutzen? Das Internet ersetzt nicht den persönlichen Kontakt, aber es ist ein guter Kompromiss! Ohne das Internet wäre ich heute noch nicht da, wo ich bin.
Wie viele Pflanzen pflegst Du momentan?
Es dürften etwa 35 Bäume sein. Für mehr ist unser Garten zu klein und die Zeit würde leider auch nicht reichen.
Hast Du einen Lieblingsbaum? Was macht ihn besonders?
Mein Lieblingsbaum ist ein Chinesischer Liguster. Beim Sommerfest des Bonsai-Fachforums 2016 habe ich ihn erstmals ausgestellt. Dieser Baum ist für mich deswegen besonders, weil er einer meiner Anfängerbäume ist und ich stolz darauf bin, wie er sich in all den Jahren entwickelt hat.
Wie beurteilst Du die Bonsai-Szene und ihre Entwicklung?
Ich habe den Eindruck, dass das Thema Bonsai immer mehr an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnt. Gerade über die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram ist das sehr gut zu beobachten.
Was dürfen wir in der Zukunft von Dir erwarten?
Das Töpfern betreibe ich nunmehr seit zehn Jahren und mit wachsender Begeisterung. Nicht nur das Töpfern selbst, sondern auch der Kontakt zu Menschen, die mit diesem Thema in Verbindung stehen, fachen diese Leidenschaft noch an. Ich werde weiterhin versuchen besser zu werden, mich dem Wandel der Zeit anzupassen und meine Fähigkeiten auszureizen. Ich habe noch sehr viele Ideen im Kopf, also lasst euch überraschen!
Was sollte man beachten, wenn man es selbst mit dem Töpfern versuchen möchte?
Am Anfang hatte ich den Eindruck, dass der Werkstoff Ton ein Eigenleben hat. Er macht, was er will und nicht, was er soll. Hat man diesen Werkstoff aber einmal verstanden und sich mit ihm angefreundet, ist es gar nicht so schwer. Nicht umsonst hat der Umgang mit Ton auch eine therapeutische Wirkung, gerade bei Kindern. Das Wichtigste sind aber der Spaß und der Ehrgeiz weiterzumachen, auch wenn es nicht gleich so funktioniert wie man es sich vorstellt.