erschienen in BONSAI ART 77

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Die Art Ficus gehört zur Familie der Moraceae. Sie besteht aus ungefähr 600 Spezies, von denen 44 auf dem nord­amerikanischen, aber nur eine auf dem europäischen und nordasiatischen Kontinent heimisch ist. Den größten Teil (ungefähr 90%) findet man in den tropischen oder subtropischen Regionen mit warmem Klima. Die drei bekanntesten Spezies sind der Feigenbaum (Ficus carica), der Banyan (Ficus microcarpa) und der Bodendecker Ficus pumila. Es sind verholzende Pflanzen in den unterschiedlichsten Größen.

Die Art Ficus besteht aus Bäumen und Sträuchern, manchmal fast Gräsern ähnlich, manchmal kriechend (wie Ficus pumila), aber immer mit einem milchigen Saft (dem Latex), der fließt, wenn man den Stamm oder die Blätter einschneidet. Die Blätter sind recht unterschiedlich, einige tief gelappt, andere an den Rändern oder vollständig gewellt. In der Regel sind sie wechselständig und immergrün, selten gegenständig, oft gefiedert.
Ficus sind einhäusige Pflanzen, selten zweihäusig, mit kleinen Blüten und zusammenstehenden Blütenblättern in Blütenständen auf einem vertieften Blütenboden. Die Blütenstände können achselständig, allein stehend oder in Blütenähren oder kleinen Endtrauben angeordnet sein. Die Blüten können eingeschlechtlich, männlich oder weiblich sein. Nach der Befruchtung entwickeln sich die Blüten zu einer Schließfrucht, während der gesamte Blütenstand eine falsche Frucht ausbildet, die man Feige nennt. Diese Frucht kann eine nur kleine Nuss sein oder eine Vielzahl kleinster Samen in einer fleischigen Hülle, die gemeinsam die Feige bilden.
Die Rinde ist glatt und beige, manchmal mit dünnen weißen oder braunen Streifen durchsetzt. Die wichtigste Attraktion des Ficus besteht in den sich zu Stützsäulen verdickenden Luftwurzeln, die von den Zweigen gebildet werden und sich im Boden verankern. Verschiedene Spezies bilden essbare Früchte, aber nur einige bilden eine Feige der Qualität, die man aus der Mittelmeerregion gewohnt ist.

Der Feigenbaum als Bonsai

Der Ficus, insbesondere Ficus microcarpa (früher F. retusa), ist der Indoorbonsai schlechthin. Wegen seiner großen Blätter verträgt er die trockene Innenluft ausgesprochen gut. Vom Frühsommer bis zum Herbst kann er draußen an einem sonnigen Standort stehen, er muss aber hereingeholt werden, wenn die Temperatur unter 12°C sinkt. Er braucht nicht viel Wasser und bevorzugt in der Regel leicht feuchten Boden. Die europäische Version des Ficus heißt F. carica und ist nichts anderes als der weithin bekannte Feigenbaum, der die ebenso bekannte Frucht hervorbringt. Auch er muss jedoch in unseren Breiten vor Frost geschützt überwintert werden.

Vermehrung
Zu den verbreitetsten Methoden der Vermehrung des Ficus gehören die durch Stecklinge und das Abmoosen, aber auch in den Gartencentern ist geeignetes Pflanzenmaterial leicht zu bekommen. Die Stecklingsvermehrung des Ficus erfolgt in den Monaten Mai und Juni mit halbreifem oder noch weichem Holz. Das ideale Substrat besteht aus 100% Akadama mittlerer Korngröße, eventuell mit Kies gemischt. Nach Vorbereiten des Kastens werden die Stecklinge von der Mutterpflanze geschnitten. Bevor sie eingepflanzt werden, müssen alle Blätter, außer den letzten beiden, entfernt werden. Mit einem scharf geschliffenen Messer wird am Ansatz des Stiels ein 45°-Schnitt ausgeführt, auf den Wurzelhormone aufgebracht werden. Nach dem Pflanzen in Reihen ist darauf zu achten, dass die Stecklinge eine Bodentemperatur von 22 bis 24°C bekommen und vor Wind geschützt sind. Im ersten Jahr werden sie nicht beschnitten, im darauf folgenden Frühling (April) werden sie aus dem Kasten entnommen, um sie in Einzelschalen zu pflanzen. Der Ficus gehört zu den wenigen Spezies, die sich auch problemlos über Wurzelstecklinge vermehren lassen.
Wie auch beim Steckling liegt der beste Zeitpunkt für das Abmoosen eines Ficus in den Monaten Mai/Juni. Die übliche Methode ist das Einschnüren. Ein dicker Aluminiumdraht wird um den Bereich, an dem die Wurzeln wachsen sollen, stramm angelegt und verdrillt, bis er in die Rinde einschneidet. Nachdem dieser Bereich mit Wurzelhormonen behandelt worden ist, wird er mit einer Schicht Moos abgedeckt. Danach wird er mit einer Plastikfolie umwickelt, die an den Enden abgebunden wird, damit das Moos nicht austrocknet und zerfällt. Nach eineinhalb oder zwei Monaten zeigen sich bei optimalen Bedingungen die ersten Wurzeln und die Trennung von der Mutterpflanze kann erfolgen.
Manchmal kann man Topfpflanzen kaufen, die für Bonsailiebhaber ein ausgezeichnetes Ausgangsmaterial sein können. Bei der Auswahl muss man jedoch vorsichtig sein: Die ausgewählte Pflanze muss gesund aussehen, das Blattwerk dunkelgrün und es darf nicht von Insekten oder Pilzen befallen sein, auch sollten die Knospen kurz vor dem Öffnen stehen.
Der größte Teil der Bonsai des Feigenbaumes (Ficus carica) in Südeuropa stammt aus der Natur. Wegen ihrer unglaublichen Fähigkeit, Wurzeln zu bilden, ist das Ausgraben ziemlich problemlos und der Erfolg wahrscheinlich. Vom Frühjahr bis in den späten Sommer oder Anfang Herbst kann man ausgraben, wobei so viele Wurzeln wie möglich geschont werden sollten. Erholt sich ein Ficus, der noch Blätter hat, sollten diese entfernt und der Ficus danach 2 oder 3 Wochen in den Schatten gestellt und häufig besprüht werden.

Standort
Die Indoorspezies können von Ende Mai bis Ende September nach draußen gestellt werden und müssen wieder hereingebracht werden, wenn die Temperatur unter 12°C sinkt. Die Bäume vertragen die direkte Sonneneinstrahlung, mögen sogar sonnige Standorte. Wenn man sie allerdings im Sommer nicht häufig wässern kann, sollten sie in den Halbschatten gestellt werden. Im Haus sollten sie wenigstens einen Meter vom Fenster entfernt stehen. Was Ficus carica betrifft, so gedeiht er nur in Regionen mit sehr mildem Klima das ganze Jahr draußen. Wenn aber die Temperaturen unter 6–8°C sinken, sollte er ins Kalthaus gebracht werden.

Gießen
Die Ficus schätzen feuchtes Substrat, vertragen aber keine dauernd nassen Böden. Sie leiden schnell unter Wurzelfäule und auch wenn sie keinen sehr porösen Boden schätzen, ist es besser, den Boden fast austrocknen zu lassen, um ihn erst dann zu wässern.

Beschneiden
In der Regel vertragen sie drastisches Beschneiden nicht so gut. (Anm.d.Red.: Der Name Birkenfeige trifft insofern auch auf den Ficus zu, dass er ähnlich der Birke nicht mit sicherem Austrieb auf den Schnitt reagiert und ganze Äste absterben können.) Die Wunde eines Schnittes an einem Ast, der dicker als 1/3 des Stammes ist, wird sich normalerweise nicht schließen. Die geringe Heilungsfähigkeit ist auf die Holzart des Ficus zurückzuführen, das weich und faserig ist und häufig zum Faulen der Wunde führt. Zurück bleibt ein großes Loch, das die Rinde nicht überwallen kann. Bei mitteldicken oder dünnen Ästen (dünner als 1/3 des Durchmessers des Stammes) überstehen aber alle Ficusarten das Beschneiden und reagieren mit der Bildung zahlreicher neuer Knospen im Bereich nahe dem Schnitt.
Ficus microcarpa ist eine besonders kräftig wachsende Spezies und muss zur Kontrolle des starken Wachstums in der Spitze häufig beschnitten werden. Er kann auch drastisch beschnitten werden, da die Pflanze davon unbeeindruckt bleibt, allerdings sollte dann Wundverschlusspaste verwendet werden. Für Ficus carica ist das winterliche Beschneiden besonders wichtig. Bei genauem Betrachten kann man feststellen, dass am Ansatz eines jeden Zweigs die Knospen sehr nahe beieinander wachsen (quer stehende Nodien, die kaum auf der Rinde zu sehen sind), während sie an den Enden eher weit auseinander stehen. Der Schnitt sollte gerade über den Knospen erfolgen, die sehr dicht beieinander stehen, wobei versucht werden soll, den Gummifluss einzudämmen. Die Schnitte an dickeren Ästen müssen zum Schutz der Wunde immer mit Wundverschlusspaste behandelt werden.

Drahten
Das Drahten ist nur eine der vielen Techniken, die am Ficus angewandt werden können, um Stamm und Zweige zu gestalten, sicherlich ist es aber die am wenigsten angebrachte. Die Feige ist biegsam, weshalb das Gestalten nicht schwer ist, man muss allerdings auf das schnelle Wachstum achten, sonst kann sich der Draht in nur 30 Tagen in die Rinde einschneiden. Deshalb sollte man keinen zu dünnen Draht verwenden und eigentlich nur dann drahten, wenn das Gestalten mit Spanndrähten nicht möglich ist.

Pinzieren
Der Ficus kann das ganze Jahr über pinziert werden, weil er, solange er im Winter im Haus steht, auch ständig weiterwächst. Außer dem Pinzieren wird auch oft entlaubt: Im Juni/Juli werden alle Blätter entfernt und am Blattstängel abgeschnitten, der Baum muss dazu aber gesund und gut gedüngt sein.
Da Ficus microcarpa kräftig wächst, muss er häufig pinziert werden, um die starke Dominanz der Spitze zu kontrollieren. Dabei dürfen die Triebe wachsen, bis sie 5 oder 6 Blätter gebildet haben, und werden dann je nach Wachstum auf 2 bis 3 Blätter zurückgeschnitten. Beim Blattschnitt wird auch die letzte Knospe des neuen Zuwachses entfernt. Ficus carica wird jeweils pinziert, wenn das neue Wachstum 5 oder 6 Blätter gebildet hat, wobei nur die beiden kleinsten Blätter am Ansatz stehen bleiben. Dies ist die einzige Art und Weise, dass dieser Ficus Zweige ausbildet. Hat sich das erwünschte Zweigwerk einmal entwickelt, kann mit den Fingern pinziert werden. Beim Entlauben können alle Blätter und die Spitze des neuen Wachstums entfernt werden.

Umpflanzen
Die für das Umpflanzen beste Zeit sind die Monate Mai/Juni mit Ausnahme von Ficus carica, der umgepflanzt wird, wenn die Knospen anzuschwellen beginnen (April). Der Wurzelballen kann problemlos auf rund 1/3 beschnitten werden. Als Erdmischung ist 100% Akadama mittlerer Korngröße gemischt mit Kies zu empfehlen. Junge Exemplare werden alle 1–2 Jahre umgepflanzt, die erwachsenen alle 3 Jahre. Was die Schale betrifft, so sind alle Kombinationen der Farben beige, blau und braun geeignet.

Düngen
Gedüngt wird durchgehend von April bis Oktober außer in den Monaten Juli und August. Bei den Indoorvarianten muss auch im Winter sporadisch für Düngung gesorgt werden. Man kann sowohl festen als auch flüssigen Dünger verwenden.

Krankheiten
Pilzbefall ist häufig, wenn die Pflanze an einen warmen Platz mit wenig Licht, geringer Belüftung und viel Feuchtigkeit steht. Auf den Blättern bilden sich dann schwärzlich glänzende Flecken. Ficus leiden außerdem unter Blatt- und Schildlausbefall. Seltener, aber nicht ausgeschlossen, ist der Befall mit Spinnmilben. Dann bilden sich auf den Blätter kleine gelbe Pünktchen und die Blätter fallen in wenigen Tagen ab. Die Parasiten werden, soweit möglich, mit einem systemischen Mittel bekämpft.