erschienen in BONSAI ART 73

Stewartie – Scheinkamelie

Diese Art, die wegen eines alten und ungelösten Streits von den einen Stewartie und von den anderen Stuartie genannt wird, wobei erstere die korrektere Bezeichnung zu sein scheint, wird zur Familie der Theaceae gerechnet. Zur ihr zählen nur sechs Spezies, die unregelmäßig über Amerika, Japan und ein begrenztes Gebiet in China verteilt sind. Die Pflanzen ähneln eher Sträuchern, seltener Bäumen oder baumartigen Pflanzen, mit einer glatten Rinde und abfallenden Blättern, die mit einem aufrechten Habitus und eher dichten, aber weit auseinander stehenden Zweigen wachsen.

Sehr faszinierend ist die feuerrote Farbe des herbstlichen Blattwerks und wunderschön das Wachstum im Frühling in einem intensiven Grün, das sich von der leuchtend glänzenden Rinde abhebt. Die Blätter sind wechselständig, mit kurzem Blattstängel, gezahnt, auf der Unterseite haarig. Die großen oder mittelgroßen Blüten mit einem maximalen Durchmesser von 5–6 cm sind weißlich bis rosa. Die Blütezeit liegt in den Monaten Juni/Juli. Die Frucht ist eine hölzerne, eiförmige Kapsel mit fünf Kammern, die pro Kammer 1–4 Samen enthält, die im Herbst reifen. Folgende Spezies werden kultiviert: Stewartia ovata, St. pseudocamellia (japanischen Ursprungs, die in der Natur eine Höhe von bis zu 20 m erreicht) und St. sinensis (chinesischen Ursprungs, die eine Höhe von bis zu 10 m erreicht). In Baumschulen sind manchmal auch St. serrata, St. monadelpha und St. pseudocamellia var. koreana zu finden. Diese Pflanzen werden in Südeuropa ausschließlich als Zierpflanzen in Gärten verwendet.

Die Stewartie als Bonsai

Stewartia zeichnet sich durch einen eleganten, aufrechten Habitus und ihre feine Verästelung aus. Die schöne, leuchtend kupferrote Rinde und das glatte und zarte Zweigwerk sowie das prächtige herbstliche Laubwerk, das in scharlachroten bis purpurnen Farbtönen leuchtet, machen aus ihr eine hochinteressante Spezies für die Bonsaikultur. Diese Vorzüge vereinen sich mit der zart weißlichen bis rosafarbenen Blüte, die danach wunderschönen, herbstlichen Früchten Platz macht, die zwischen den feuerroten Blättern hindurchscheinen. Stewartia monadelpha und Stewartia pseudocamellia sind die Spezies, die sich für die Bonsaikultur am besten eignen. Diese Exemplare werden vor allem im Winter wegen der Qualität ihres Stamms und ihrer Rinde geschätzt. Die Stile, die für die Scheinkamelie am besten geeignet sind, sind streng aufrecht, Gruppenpflanzungen und die Floßform.

Vermehrung
Die Vermehrung über Aussaat, zusammen mit der über Stecklinge, Absenker und Abmoosen, ist eine der für diese Spezies besonders geeigneten Formen der Vermehrung. Das beste Saatgut erhält man aus den Früchten, die im Oktober/November reif werden. Stewartia bringt alle 3–4 Jahre reichlich Früchte hervor, weshalb bei mehreren Exemplaren einige sicherlich viele Samen liefern. Die Samen können aber auch erworben werden, dabei sollte man sich aber vergewissern, dass sie nicht älter als ein Jahr sind, da die Sämlinge sonst nicht richtig wachsen. Nach dem Sammeln werden die Früchte geöffnet und die Früchte in einem mittelgroben Sieb zerrieben. Die sehr kleinen Samen werden ausgesiebt, die anderen verwendet. Bevor man Mitte März die Aussaat im Gewächshaus vornimmt, werden die Samen, sobald die Temperatur 12–13° C erreicht, über 24 Stunden in Wasser gelegt. Als Behälter kann man einen Styroporkasten oder eine Schale mit guten Dränageeigenschaften und eine Mischung aus 50 % Sand und 50 % Torf als Substrat verwenden. In den Boden werden Furchen von 5 mm Tiefe eingebracht, in die die Samen gestreut werden. Der Kasten wird danach in den Schatten gestellt. Das Austreiben beginnt ungefähr zwei Wochen später. Die kleinen Pflänzchen können mit organischem Flüssigdünger gedüngt werden, sobald sich die ersten zwei Blätter bilden.
Für das Pflanzen von Stecklingen werden reife Triebe verwendet, die im Herbst nur in Sand gesteckt und an einen geschützten, frostfreien Ort gestellt werden. Sie entwickeln mit steigenden Temperaturen Wurzeln und können im Frühjahr in einzelne Zuchtschalen gepflanzt werden. Als Stecklinge können auch Wurzelschösslinge benutzt werden, die immer im September/Oktober gepflanzt werden. Möchte man einen Doppelstamm oder eine locker aufrechte Form kultivieren, ist eine unfehlbare Methode die Vermehrung durch Absenker. Diese erfolgt im Frühjahr vor dem Einsetzen des Wachstums und wenn alles nach Plan läuft, kann man die neue Pflanze schon im Juni/Juli trennen. Diese Methode bietet den Vorteil, dass die Pflanze, sobald man den Absenker getrennt hat, weiterhin bis in den Herbst neue Wurzeln bilden kann. Ein alternativer Zeitpunkt ist der Juni, was aber einen Zeitverlust gegenüber der eben erwähnten Methode bedeutet. Stewartia lässt sich auch sehr leicht über Abmoosen vermehren. Hierfür ist der beste Zeitpunkt Februar/März vor Einsetzen des Wachstums. Im Sommer kann oft bereits die Trennung von der Mutterpflanze erfolgen. Die am besten geeignete Methode ist die Entfernung eines Rindenrings am Stamm oder Ast. Möchte man den Wurzelansatz breiter haben, kann man die Ringmethode mit der des Einschnürens mit Draht kombinieren.

Standort
Stewartia braucht kühles Klima, um wachsen zu können, weshalb sie im Hochsommer auch keine übermäßige Hitze und keine Mittagssonne verträgt. Sie ist zudem sehr kälteempfindlich, weshalb ihr im Winter eine Mindesttemperatur von 5° C garantiert werden muss. In den kälteren Regionen nördlich des Mains sollte man sie, wie die meisten aus Japan stammenden Bonsai, besser im Kalthaus überwintern.

Gießen
Wie bei allen Pflanzen mit feinen Blättern aus der Familie der Theaceae mag Stewartia keine trockenen Böden und die Blätter welken bei Wassermangel sofort. Im Sommer ist daher besonders darauf zu achten, dass die Blätter nicht verbrennen. Bei sehr hohen Temperaturen verlangsamt sich die Aktivität der Wurzeln und damit ihre Aufnahmefähigkeit, während die Verdunstung über die Blätter weiterhin sehr stark ist. Wird das Gleichgewicht zwischen beiden Prozessen gestört, entsteht Wassermangel und die Blätter verbrennen. Eine gute Gegenmaßnahme ist das Gießen selbst zur Mittagszeit, um die Schalen abzukühlen und dem Wassermangel vorzubeugen. Alternativ dazu kann man die Abstellbänke mit Schattennetzen oder Matten schützen, die die Umgebung kühl halten. Steigen zu diesem Zeitpunkt die Temperaturen auf über 30°C, kommen Wachstum und Aktivität der Wurzeln ganz zum Erliegen. Die zarten Wurzeln müssen aber immer feucht gehalten werden, worauf besonders zu achten ist, weil der Überfluss oder der Mangel an Wasser das Überleben der Pflanze gefährdet. Während der Wachstumsphase sollte reichlich gegossen werden, vielleicht sogar zweimal am Tag, wenn dies notwendig wird. Im Winter wird dann die Häufigkeit verringert, der Boden aber immer leicht feucht gehalten.

Beschneiden
Neben dem Herbst ist der beste Zeitpunkt für das Beschneiden das Frühjahr unmittelbar vor Einsetzen des Wachstums. In beiden Fällen ist der Baum kahl, weshalb man leichter entscheiden kann, welche Zweige beschnitten werden müssen. Um das Zweigwerk zu erhalten, werden nur die Spitzen der kräftigen Zweige auf zwei oder drei Knoten zurückgeschnitten. So kann man das Profil des Baumes ordnen. Im Oktober kommt das Wachstum der Triebe ganz zum Erliegen; besteht die Möglichkeit, den Baum im Winter entsprechend geschützt unterzustellen, kann man auch zu diesem Zeitpunkt leichter beschneiden. Die Arbeit wird dann im Frühjahr mit einem stärkeren Rückschnitt vervollständigt.

Drahten
Gedrahtet werden kann zu jeder Jahreszeit, wobei der beste Zeitpunkt aber der Winter oder die Zeit nach dem Entlauben (Juni/Juli) ist, weil der Baum, wenn er kahl ist, leichter gedrahtet werden kann. Die Stewartia hat eine sehr empfindliche Rinde. Um die nicht zu ruinieren, sollte man den Draht mit Kreppklebeband umwickeln, bevor er angelegt wird.

Pinzieren
Die Faszination dieser Spezies besteht in der feinen Verzweigung. Leider wachsen die Triebe der jungen Bäume gerade und sehr kräftig. Erst wenn der Baum eine gewisse Reife erreicht hat, tendieren die Zweige dazu, ihre Entwicklung zu bremsen. Bei dieser Spezies besteht das Hauptziel des Pinzierens eher im Bremsen der Vitalität der Zweigenden, um die Wuchsenergie nach innen zu lenken. So vermehrt man die Verzweigung besser und erreicht verkürzte Internodien. Die Triebe werden bis auf zwei Nodien pinziert, wenn sie eine Länge von sechs Knoten erreicht haben. Möchte man dagegen das Verdicken eines Zweigs fördern, bleiben vier Blätter stehen. Gleichzeitig sollte man zu große Blätter entfernen. Möchte man den Baum in Blüte sehen, darf man ein Jahr lang nicht pinzieren.
Stewartia kann auch einen Blattschnitt erhalten, wendet man diese Technik allerdings häufig an, muss man damit rechnen, dass einige dünne Zweige während der Winterruhe verloren gehen. Man kann im Juni/Juli, allerdings nur bei jungen Exemplaren, entlauben. Es ist eher sinnvoll, einen Teilblattschnitt durchzuführen und dabei nur die großen Blätter nahe den Zweigenden zu entfernen. Am Ansatz des Zweigs sollten immer zwei oder drei Blätter stehen bleiben.

Umpflanzen
Junge Pflanzen werden alle 1–2 Jahre umgepflanzt, die älteren alle 3–4 Jahre. Der dafür am besten geeignete Zeitpunkt ist der Frühling, sobald die Knospen zu schwellen beginnen. Der Boden muss gut dränieren, weshalb Akadama als Substrat besonders gut geeignet ist. Nach dem Beschneiden der Wurzeln darf der Boden nicht durchnässen und man muss wenigstens vier Wochen abwarten, bevor das Düngen wieder aufgenommen werden kann. Da die jungen Wurzeln sehr dünn und empfindlich sind, muss der Baum gut in der Schale verankert werden. Der Wurzelapparat von Stewartia wächst langsam, weshalb das Nebari (Wurzelbasis) nur langsam breiter wird. Um diesem Missstand abzuhelfen, kann man durch Wurzelpfropfen eine breite Basis schaffen (siehe BONSAI ART 51, S.16).

Düngen
Gedüngt werden muss vom Frühjahr bis in den Herbst, außer in den heißesten Monaten Juli und August. Man kann wahlweise alle 8–10 Tage ein Flüssigprodukt oder stattdessen festen Dünger verwenden, der alle 20–25 Tage aufgelegt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass fester Dünger nach etwa 20–25 Tagen erschöpft ist, auch wenn auf der Oberfläche Reste davon zurückbleiben. Diese sollten entfernt und durch den neuen Dünger ersetzt werden.Gedüngt werden muss vom Frühjahr bis in den Herbst, außer in den heißesten Monaten Juli und August. Man kann wahlweise alle 8–10 Tage ein Flüssigprodukt oder stattdessen festen Dünger verwenden, der alle 20–25 Tage aufgelegt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass fester Dünger nach etwa 20–25 Tagen erschöpft ist, auch wenn auf der Oberfläche Reste davon zurückbleiben. Diese sollten entfernt und durch den neuen Dünger ersetzt werden.

Krankheiten
Diese Spezies ist gegen Parasiten und Pilze recht resistent. Trotzdem sollte man die Blätter besonders im Frühjahr und Sommer regelmäßig überprüfen, um eventuell problematische Pflanzenkrankheiten feststellen zu können.