erschienen in BONSAI ART 68

Camellia – Kamelie

Umstritten und ungewiss ist die Terminologie dieses prächtigen, immergrünen Baumes, der zur Familie der Theaceae gehört und in Korea und Japan wild wächst. Einige meinen, das Wort Camellia sei zu Ehren des italienischen Jesuitenpaters Camelli geprägt worden, scheinbar der Erste, der die Pflanze in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach Europa importierte. Andere ordnen den Namen einem gewissen Giorgio Giuseppe Kamel zu, ebenfalls ein Jesuit, der sie auf der Rückkehr von einer Reise nach Asien 1730 mit nach Europa gebracht haben soll. 


Ungeachtet der widersprüchlichen Angaben zu ihrer Einführung auf unserem Kontinent kann man aber mit Sicherheit die große Bedeutung feststellen, die die Camellia in der europäischen Blumenzucht innerhalb kürzester Zeit erlangt hat. Inzwischen ist sie mit hunderten von Varietäten bei uns vertreten. Morphologisch handelt es sich bei der Kamelie um eine verholzende, immergrüne, baum- oder auch strauchartig wachsende Pflanze. Sie zeichnet sich durch dichtes und sehr hartes Holz sowie eine glatte, graue Rinde aus. Die Blätter sind wechselständig, vereinzelt, mehr oder weniger ledrig, glatt und unbehaart, manchmal gezahnt, leuchtend dunkel grün auf der oberen und matt hellgrün auf der unteren Blattseite. Die Blüten sind groß, aufsitzend oder gestielt, achsel- oder endständig, in der Regel einzeln und bilden sich auf den einjährigen Trieben. Es gibt nicht mehr als fünfzehn Arten. Ihr Ruf gründet sich nicht nur auf ihre dekorative Qualität als Pflanze oder auch Schnittblume.
Überschreitet man die Grenzen der Ästhetik, kann man ihre große Bedeutung für die Teekultur entdecken. Insbesondere gilt dies für Camellia sinensis (synonym Thea sinensis), aus der das berühmteste Getränk der Welt hergestellt wird: Tee. Sie ist die Basis einer erfolgreichen Landwirtschaft, die sich in erster Linie von China kommend zunächst auf die Nachbarländer Indien, Indonesien, Japan usw. und dann über ganz Europa und die Welt verbreitet hat.

Die Kamelie als Bonsai

Es scheint klar zu sein, dass das Interesse an der Kamelie für Bonsailiebhaber vor allem auf ihre spektakuläre Blüte gerichtet ist. Trotzdem sind auch die anderen wichtigen Merkmale, die die Camellia aufweist, bei einem Bonsai beachtenswert: die kleinen Blätter, die dichte Krone und die kurzen Internodien. Eine strukturierte und reduzierte Form erlaubt außerdem, den Charakter und die Eigenheiten einer Spezies mehr hervorzuheben, als dies eine frei wachsende Pflanze in der Natur zuließe. Unter den Varietäten, die am meisten geschätzt werden, ist sicher Camellia sasanqua hervorragend, die die kleinste und kompakteste Form ausbildet. Trotz der vielen positiven Faktoren, denen noch die einfache Gestaltbarkeit hinzuzuzählen ist, sind Kamelienbonsai eher selten. Wer sich um ihre Kultivierung bemüht, wird mit ihrer unumstrittenen Schönheit und einer verführerischen Einfachheit belohnt. Diese Qualitäten findet man selten zusammen in einer einzigen Pflanze. Die Stile, für die sie sich am besten eignet, sind: locker aufrechter und geneigter Stil, Kaskadenformen, Doppel- und Mehrfachstämme in mittleren und großen Dimensionen.

Vermehrung
Die Camellia wird vor allem über Setzlinge und Abmoosen vermehrt. Das Abmoosen erfolgt im Juli, wenn die neuen Triebe reif und gefestigt sind, wobei kleine, ein Jahr alte Zweige entnommen werden. Der ideale Boden besteht aus einer Mischung von Kanuma (50%) und Akadama (50%) feiner Korngröße. Werden die Setzlinge mit einer konsistenten Biegung gedrahtet, werden sie sich kaum verdicken. Besonders für Anfänger ist die Abmoostechnik, bei der die neuen Triebe an den Zweigen der Gartenbäume zum Abmoosen gebogen werden, geeigneter als die Vermehrung durch Setzlinge. Da es sich um Gartenbäume handelt, verdicken sie sich schnell, wenn man die Enden frei wachsen läst. Will man also in kurzer Zeit eine gute Camellia für einen Bonsai haben, ist das Abmoosen wirkungsvoller als das Vermehren über Setzlinge.
Genannt werden soll auch die Möglichkeit des Pfropfens, die allerdings wenig verwendet wird, denn wenn man nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit vorgeht, verliert der Baum schnell an Natürlichkeit und Charakter. Für das Pfropfen ist der Sommer die am besten geeignete Jahreszeit. Dazu werden ein kleiner Zweig entnommen und die Blätter halb durchgeschnitten. Bei gleichzeitiger Kontrolle der Wachstumsrichtung wird am Ansatz ein schräger Schnitt ausgeführt, der das Einfügen des Pfropfungsträgers erlaubt. Der gepfropfte Bereich wird danach mit einem Nylonband festgebunden. Pfropft man dagegen im September, werden während des Rests des Jahres keine neuen Triebe mehr wachsen, sondern im folgenden Frühjahr kräftig austreiben. Der Vorteil des Pfropfens im September besteht auch darin, dass dann die Spuren des Pfropfens weniger zu sehen sind, als dies bei einem Eingriff im Frühjahr der Fall wäre.
Im Frühjahr kann auch über Samen vermehrt werden. Die Samen werden der Fruchtkapsel entnommen, sobald sie reif sind, was in der Regel im März der Fall ist. Um diejenigen auszuwählen, die für das Auskeimen ideal sind, werden die Samen in Wasser getaucht und die oben schwimmenden entfernt. Das Saatbeet wird mit einem eher sauren Substrat vorbereitet. Das Auskeimen erfolgt schnell, wenn man immer für eine gewisse Luftfeuchtigkeit sorgt. Die Pflänzchen bleiben wenigstens 2 Jahren im Saatbeet, bevor sie in eine Schale gepflanzt werden.

Standort
Die Kamelie verträgt kein strenges Klima, weshalb sie im Winter vor Einbruch der Kälte an einem geschützten, aber kühlen Ort untergebracht werden muss. Der Standort sollte luftig und hell mit Temperaturen von 5-12 Grad sein. Vom März bis September wird sie nach draußen an einen gut belüfteten Ort gestellt und vor allem zwischen Juni und August vor übermäßiger Sonneneinstrahlung geschützt.

Gießen
Da es sich um eine immergrüne Spezies handelt, muss auch im Winter häufig gegossen werden. Die Feuchtigkeit darf jedoch auch nicht zu hoch sein, da sich die Blätter sonst gelb verfärben und abfallen. Sobald sich die Knospen bilden, wird nur noch moderat gegossen. Im Sommer muss die Pflanze reichlich gewässert werden, um dauerhaft eine mittlere Feuchtigkeit aufrecht zu erhalten.

Beschneiden
Die Gestaltung der Kamelie, die normalerweise recht kräftig wächst, erfolgt vor allem durch das Beschneiden. Wichtig ist das Schneiden der überflüssigen Triebe, die nach der Blüte beginnend bis Ende Juni überall austreiben. Gegen Ende der Blüte werden die verwelkten Blüten entfernt und die Zweige auf 1-2 Nodien zurückgeschnitten. Da die Art normalerweise leicht blüht, sollten die Blütenknospen selektiert werden. Ziel ist eine gleichmäßigere Verteilung, die schöner ist und Unordnung verhindert. Eine klare Form tut der Erscheinung gut. Die Blütenknospen erkennt man daran, dass diese leicht größer und rundlicher sind als die Blattknospen.

Drahten
Gedrahtet werden vor allem die Hauptäste in der Strukturierungsphase und später die kräftigen Zweige, die jeweils leicht nach unten gebogen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Rinde der Kamelie sehr weich ist. Sowohl Aluminium- als auch Kupferdraht kann zu Spuren in der Rinde führen. Bewährt hat sich, den Draht immer mit Kreppklebeband zu umwickeln und so zu -polstern“. Wegen des schnellen Triebwachstums darf der Draht nicht zu lange am Baum bleiben, sonst läuft man Gefahr, auf Stamm und Ästen Spuren zu hinterlassen. Der Draht sollte täglich überprüft und sofort entfernt werden, wenn er in die Rinde eindrückt.

Pinzieren
Das Pinzieren ist eine wirkungsvolle Gestaltungstechnik, wobei es für junge Pflanzen besser ist, die Triebe eine gewisse Zeit in die Länge wachsen zu lassen, damit sie sich verdicken, bevor man sie kürzt. Bei entwickelten Exemplaren ist das Pinzieren, das von April bis Mitte Juli durchgeführt wird, dagegen eine für die Ausgestaltung der Feinstruktur der Zweige unverzichtbare Methode. Die beste Vorgehensweise ist, die grünen Triebe bis auf eine Länge von 5-10cm wachsen zu lassen, um sie dann mit den Fingern oder der Pinzette auf 1-2 Blätter zu kürzen. Erfolgt der Eingriff bei noch dichten und kompakten Triebspitzen, bilden sich Zweige mit kurzen Internodien. An diesen bilden sich dann Blütenknospen. Die Kamelie kann auch mit gutem Erfolg gegen Ende Juni, Anfang Juli entlaubt werden. Man macht dazu einen vollständigen Blattschnitt alternierend zu mehreren Jahren normaler Kultivierung.

Umpflanzen
Da es sich um eine Pflanze mit guter Wuchskraft handelt, ist es ratsam, mit einer gewissen Häufigkeit, wenigstens alle 2-3 Jahre, umzupflanzen. Der hierfür ideale Zeitraum erstreckt sich von Mitte April bis Anfang Juni. Zu diesem Zeitpunkt ist die Basis der neuen Triebe bereits reif und gut gefestigt. D.h., dass man umtopfen kann, solange die Triebe noch auf rund der Hälfte grün sind, der Ansatz aber schon die typische Holzfärbung angenommen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt entwickeln sich auch die weißen Wurzelspitzen kräftig, weshalb problemlos umgepflanzt werden kann. Gleichzeitig mit dem Umpflanzen werden die jungen Triebe auf 1-2 Knoten gekürzt, soweit sich am Ansatz schon neue Knospen gebildet haben. Die ideale Substratmischung für diese typische Moorbeetpflanze besteht aus 70% Kanuma, 20% Universalkomposterde und 10% Sand.

Düngen
Nach der Blüte muss reichlich mit organischem, flüssigem oder festem Dünger gedüngt werden. Während der heißesten Sommerzeit und im Winter wird die Düngerzufuhr unterbrochen. Nach dem Umpflanzen muss das Düngen wenigstens fünf Wochen lang unterbrochen werden.

Krankheiten
Kamelien sind nicht besonders anfällig für Krankheiten, die einzige wirkliche Bedrohung ist die Schildlaus. Findet man sie, sollte mit den bekannten Insektiziden eingegriffen werden. Es sind wenigstens drei Behandlungen mit den auf dem Etikett angegebenen Dosen im Abstand von jeweils 10 Tagen notwendig, um alle Generationen erfolgreich zu bekämpfen.