Die Fichte gehört zur großen Familie der Pinaceae, zu der auch so bekannte Spezies wie Kiefer und Lärche gehören. In den Waldregionen unserer Alpen steigt Picea abies auf eine Höhe von 1800–2000 m. Dieser Pflanzengruppe eine bestimmte Menge von Arten zuzuordnen, ist ein problematisches Unterfangen, denn einige Botaniker ordnen ihr 28, andere bis zu vierzig Spezies zu. Genauer umrissen ist dagegen die geographische Verteilung über weite Zonen Europas, Kleinasiens und einen guten Teil Asiens sowie auch über Japan und Nordamerika.
Morphologisch handelt es sich um immergrüne Pflanzen mit einer typischen pyramidalen Krone, die beachtliche Höhen von bis zu 50 m erreichen können. Sie verfügen über eine hohe Dichte an recht dicken Ästen, die ihrerseits mit vielen kleinen Zweigen besetzt sind, von denen jeder wiederum vom Ansatz an dicht mit Nadeln bedeckt ist. Die etagenförmigen Äste sind in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen um den Stamm verteilt, der selbst von einer feinen rissigen Borke bedeckt ist.
Die Blätter, die mehrere Jahre alt werden, haben die typische Nadelform und tragen oft helle Stomastreifen. Ohne Blattstängel verteilen sie sich spiralförmig um die Zweige. Die Pflanzen sind einhäusig, aber zweikeimblättrig, das heißt, sie tragen männliche und weibliche Blüten an verschiedenen Teilen der gleichen Pflanze. Die männlichen Blüten gruppieren sich in kurzen, harten, roten, achselständigen Kätzchen, die sich gelb färben, sobald sie sich öffnen, während die weiblichen Blütenstände von hellgrünen und purpurfarbenen Blüten gebildet werden. Der Zapfen nimmt sofort nach seiner Entstehung verschieden Farbtöne an. Er hängt am Zweig und trägt die Samen, die im Laufe des ersten Jahres heranreifen.
Das wirtschaftliche Interesse an der Fichte beschränkt sich zum großen Teil auf die Holzgewinnung, so ist die Rotfichte für die Forstwirtschaft unseres Landes tatsächlich von großer Bedeutung.
Die Picea als Bonsai
In der Bonsaikunst ist die beliebteste Spezies die Picea jezoensis. Leider hier nicht gezüchtet, sondern nur aus Japan importiert, ist sie in Europa nicht sonderlich verbreitet. Die dagegen für die Zucht von Bonsai auf unserem Kontinent am häufigsten verwendeten Spezies sind die Picea glauca, die Picea glehnii und die Picea pungens, die alle als typisches Merkmal ein kurzes und kompaktes Blattwerk haben. Die Picea eignet sich hervorragend für alle Stile mit aufrechtem Stamm, weil ihre Silhouette in der Natur fast immer konisch ist. Die zu empfehlenden Formen sind die im streng aufrechten und frei aufrechten Stil; besonders geeignet ist sie für kleine Gruppenpflanzungen, weil die Stämme in der Regel keine ausgeprägten Kurven ausbilden. Weitere für die Erziehung zum Bonsai wichtige Besonderheiten sind das kleine Blattwerk und das schnelle und kräftige Wachstum des Stamms.
Vermehrung
Bei der Vermehrung der Fichten greift man vor allem auf Samen, Stecklinge und Abmoosen zurück. Für eine Aussaat müssen die Zapfen im Oktober gesammelt und bis zum April trocknen gelassen werden. Einige Wochen vor dem Pflanzen in ein Saatbeet keimen die Samen in feuchtem Sand vor. Sobald sie zu keimen beginnen, werden sie im bekannten Verfahren in ein Beet umgesetzt.
Stecklinge nimmt man von Picea am Besten im bereits verholzten Zustand. Da sich diese gegenüber den anderen Methoden der Stecklingsvermehrung durch ein langsameres Wachsen der Wurzeln auszeichnen, haben sie weniger Probleme mit Krankheiten und schwierigen Bodenverhältnissen. Verholzte Stecklinge haben sich in der Bonsaikultur auch deshalb durchgesetzt, weil das Stämmchen, sobald es Wurzeln entwickelt hat, bereits eine gewisse Dicke besitzt. Die Stecklinge können im Herbst oder zum Ende des Winters von der Mutterpflanze genommen werden, wenn der Trieb vollständig ausgereift ist und genügend Reserven angesammelt hat. Das heißt, dass der Steckling ein oder eineinhalb Jahre alt ist. Als erster Schritt werden nach dem Scheiden die Nadeln vom Ansatz beginnend etwa auf einem Drittel der Länge des Stecklings entfernt. So tief wird er dann auch gesteckt. Den Ansatz der Stecklinge schneidet man am Besten mit zwei Schnitten keilförmig zu. Um die Stecklinge zu pflanzen, sollte reiner Flusssand oder eine Mischung aus Sand und Torf verwendet werden. Weil die Setzlinge der Koniferen nur langsam Wurzeln bilden, wird durch die Zugabe von Sand an der Basis des Lochs, in das sie gesteckt werden, das Wachstum der Wurzeln gefördert. Sind sehr strenge Winter zu erwarten, können die Stecklinge im Herbst geschnitten und schichtweise in feuchtem Sand in einem geschlossenen Kasten eingegraben und bis zum Frühjahr aufbewahrt werden.
Bei der Fichte ist auch die Vermehrung über Abmoosen oder Absenken einfach, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein Ast größeren Durchmessers oft mehr als ein Jahr braucht, um Wurzeln zu bilden. Das Abmoosen durch Einschnüren ist die ideale Methode bei den Koniferen. Vor Beginn der Arbeit muss aber sichergestellt sein, dass der Baum, an dem abgemoost werden soll, stark und gesund ist. Das Procedere ist sehr einfach. Mit einem Filzstift werden die Linien markiert, in deren Bereich es zur Wurzelbildung kommen soll. Den Linien folgend wird eine Auskehlung mit dem Durchmesser des Aluminiumdrahtes (oder ein wenig geringer), der eingebracht werden soll, geschaffen. Dann wird der Draht mit einem kleinen Hammer eingefügt und verdrillt. Dieser Bereich wird mit einem Wurzelhormon bestäubt und mit einer Schicht Torfmoos abgedeckt. Rund um den abgemoosten Bereich des Stammes wird dann ein Kunststofftopf oder Haltenetz angebracht und mit humoser Erde gefüllt. Bei der Abmoosung an einem alten Bonsai muss die Schale immer wieder gedreht werden, damit das Sonnenlicht gleichmäßig alle Seiten des Stammes erreicht. Nachdem man die Bildung von Wurzeln festgestellt hat, kann die neu gewonnene Pflanze von der Mutterpflanze getrennt werden.
Standort
Die Fichte ist ein für die kalten Klimazonen typischer Baum. Das könnte zu der Vermutung Anlass geben, dass sie sehr robust sei, aber in Wirklichkeit erträgt sie als Bonsai weder die Kälte noch die Hitze besonders gut. Aufmerksamkeit im Hinblick auf das Gießen und Einsprühen des Blattwerks ist vor allem zu Beginn des Frühlings geboten, wenn Spätfröste drohen. Da die Wurzeln einen kühlen Boden bevorzugen, sollte sie nicht direkt in die Sonne gestellt werden. Auch wenig helle Standorte sollten gemieden werden. Im Winter muss sie vor strengem und lang andauerndem Frost geschützt werden.
Gießen
Besonders in den wärmsten Monaten sollte das Blattwerk häufig eingesprüht werden. Was die Wurzeln angeht, so wird der Boden richtig durchtränkt, um ihn danach fast austrocknen zu lassen, bevor von neuem gegossen wird. So ist auch für eine ausreichende Belüftung des Erdreichs gesorgt.
Beschneiden
Von Anfang Herbst bis zum Ende des Winters können Äste und Zweige beschnitten und der Baum ausgelichtet werden. Da die Fichte unkompliziert neue Knospen und Zweige ausbildet, werden beim Auslichten wechselständig kleine Zweige stehen gelassen, die nach Möglichkeit ein Dreiecksprofil bilden sollten. Die Zweige sollten also am Ansatz länger und an der Spitze des Astes kürzer gehalten werden. Der beim Beschneiden wesentliche Punkt, den es zu beachten gilt, ist, den Schnitt über einem Knoten (Nodium) zu machen. Dieser trennt das Wachstum des laufenden Jahres von dem des vorherigen. Genauer gesagt geht es darum, nur das Wachstum des laufenden Jahres zu beschneiden. Bis zum folgenden Frühjahr bilden sich nahe am Schnitt neue Knospen.
Drahten
Das Drahten erfolgt im Herbst. Das Holz ist dann sehr biegsam und die Zweige können fast jede beliebige Form annehmen. Berücksichtigt man, dass ihre Silhouette in der Regel eine dreieckige Form beschreibt, ist es häufig bequemer, Spannelemente zu verwenden, um die Position der Äste abzusenken. Man darf nicht vergessen, dass sich die Zweige und selbst die Äste bei der Picea nach Entfernen des Drahts häufig wieder aufrichten. In einem solchen Fall muss dann noch einmal gedrahtet bzw. gespannt werden. Während des Drahtens sollte die Pflanze oft eingesprüht werden.
Pinzieren
Die Knospen öffnen sich zuerst rund, dann strecken sie sich zur Eiform. Der richtige Augenblick, sie auf die Hälfte zu pinzieren, ist, sobald sie die Form kleiner Eicheln von 1 oder 2 cm Länge erreichen. Nach dem Pinzieren bilden sich normalerweise neue Knospen am Ansatz des neuen Triebes. Haben sich die frischen Triebe so weit entwickelt, dass sie den Eingriff mit der Schere erfordern würden, statt sie mit den Fingern zu pinzieren, heißt dies, dass es für das richtige Pinzieren bereits zu spät ist. Pinziert werden die kräftigen Triebe der Spitze und der Enden der Äste und Zweige. Die schwachen Triebe im unteren Bereich und im Innern des Baumes werden allerdings nur leicht pinziert. Wenn der Baum nicht kräftig genug ist, kann ein gesamter Zweig austrocknen. Die schwachen Stellen sollten deshalb, ohne pinziert zu werden, weiter wachsen, um die Lebenskraft des Baumes zu stärken und in eine Balance zu bringen. Wichtig ist auch die sorgfältige Auswahl der Triebe. Zu dicht wachsende Bereiche müssen so gelichtet werden, dass nur 2 oder 3 Triebe stehen bleiben und Luft und Sonne bis in das Innere der Zweige vordringen können. Nach oben und unten ausgerichtete Knospen werden entfernt und dem horizontalen Wachstum der Vorzug gegeben. Vernachlässigt man diese Arbeit, wird man sich schon im folgenden Jahr einem Wirrwarr neuer Triebe an den Zweigenden gegenübersehen. Nach der Selektion der Triebe und dem Pinzieren treibt der Baum meist ein zweites Mal aus. Vor allem in den sich stark entwickelnden Bereichen sollte es kontrolliert werden.
Umpflanzen
Das Umpflanzen erfolgt alle 2–3 Jahre im Frühling, wenn die Knospen ihre Farbe ändern, wobei rund ein Drittel der Bodenmasse nicht ausgetauscht wird. Das Substrat muss offen sein, denn mit einer guten Drainageschicht wird vermieden, dass Staunässe entsteht. Das für diese Spezies beste Substrat besteht aus 100 % Akadama in mittlerer und grober Körnung geschichtet.
Düngen
Die Fichte bevorzugt eine durchgehende Düngung mit sich langsam zersetzendem Kugeldünger. Im Sommer sollte weniger häufig neuer Dünger verabreicht, im Herbst dagegen die Dosis wieder erhöht werden.
Krankheiten
Die sich an der Fichte am häufigsten zeigende Krankheit ist der Pilzbefall, aber auch Milben gehören zu ihren ärgsten Feinden. Im Winter sollte die Picea mehrmals vorbeugend mit verdünntem Jinmittel in einer Konzentration von 1:30 behandelt werden. Sobald Befall festgestellt wird, sind sofort geeignete Mittel in mindestens drei Behandlungen im Abstand von 10 Tagen anzuwenden.