erschienen in BONSAI ART 056

Acer – Ahorn

Der Ahorn, dieser wunderbare Baum mit den gefingerten Blättern, der zur Familie der Aceraceae gehört, ist zum ersten Mal auf der Erde im Tertiär in Erscheinung getreten. Auch in unserem Land ist seine Existenz bereits seit dieser Zeit durch Fossilienfunde nachgewiesen. Die umfangreiche Gattung ist in den gemäßigten Breiten der borealen Zone weit verbreitet. Sie besteht aus über 150 Arten von Sträuchern und Bäumen, die meistens ihr Laub abwerfen. Die Spezies werden nach der Textur der Rinde und der Vielfalt der Blätter klassifiziert. Diese können von einfacher Art sein und abfallen oder auch immergrün und bis zu fünfzehnfach gelappt.

Die Blüten, die sich in Blütentrauben gruppieren, sind häufig eingeschlechtlich. Sie verfügen über tief unterteilte Kelche mit fünf Blütenblättern. Die Frucht ist eine Spaltfrucht aus zwei paarigen Teilen, von denen jeder einen geflügelten Samen enthält, der sich, sobald er reif wird, vom anderen trennt. Wirtschaftliches Interesse an diesen Spezies besteht vor allem im Garten- und Landschaftsbau. In letzterem werden vor allem die großblättrigen Arten mit den unterschiedlichen Formen und Farben geschätzt. In den Gärten bevorzugt man die kleinen Ahorne japanischer Herkunft. Einige Spezies wie Acer saccharinum und andere Arten aus Nordamerika produzieren einen süßen Sirup, der durch Schnitte im Stamm gewonnen wird. Der konzentrierte und verdickte Pflanzensaft kommt unter dem Namen Ahornsirup in den Handel. Ein bekanntes Symbol, das der Ahorn prägt, ist die kanadische Flagge. Sie belegt den Stolz einer ganzen Nation auf diese Pflanze.

Der Ahorn als Bonsai

In Europa werden in der Bonsaigestaltung etwa sechzig Arten kultiviert. Die wegen ihrer Schönheit und ihres Formenreichtums bekanntesten und beliebtesten Laubbaumarten sind die japanischen Ahorne. Es handelt sich um kraftvoll wachsende Pflanzen, die sich gegen­über unterschiedlichen Tem­pe­ra­turen, von eisiger Kälte bis zu großer Hitze, sehr resistent zeigen. Sie eignen sich deshalb auch für die Kultur in fast allen Klimaten. Weil sie auch auf Schnitt­maßnahmen positiv reagieren, können sie ohne Probleme und Einschränkungen geformt werden.
Ahorne werden besonders wegen ihrer überraschend wandelbaren Er­scheinung in den verschiedenen Jahreszeiten geschätzt: Sie sind im Frühling, wenn sich die neuen Triebe bilden, im Sommer mit ihrem üppigen Grün und im Herbst aufgrund der feuerroten Farbe ihrer Blätter geradezu spektakulär. Besonders interessant sind sie auch nach dem Blattfall, wenn die elegante Silhouette und die feingliedrige Verzweigung sichtbar werden.

Vermehrung
Die Reproduktionsarten sind allgemein bekannt: Samen, Stecklinge, Veredelung und Abmoosen. Samen müssen vor dem Gebrauch stratifiziert werden. Nach dem Einsammeln werden sie abgedeckt für gut 24 Stunden in ein warmes Wasserbad gelegt, das sich über die Zeit langsam abkühlt. Danach werden sie zusammen mit etwas Torf in eine Plastiktüte gefüllt, die dicht verschlossen bei einer Temperatur von 1° bis 8°C (Kühlschrank) 60 bis 120 Tage lang gelagert werden muss.
Der ideale Zeitpunkt für das Aussäen liegt zwischen Ende Februar und Anfang März, geeignet ist ein Tongefäß oder eine Styroporkiste. Die Samen werden in einer Tiefe gepflanzt, die das Doppelte ihres eigenen Durchmessers nicht überschreiten darf. Die ideale Aussaaterde besteht aus 60% gesiebtem Akadama und 40% grobem Sand. Nach ungefähr einem Jahr können die Sämlinge in eigene Schalen gepflanzt werden.
Auch die Vermehrung des Ahorns durch halbverholzte Sommerstecklinge oder Stecklinge, die man am Ende des Winters aus den Schnittabfällen machen kann, zeigen befriedigende Ergebnisse. Sommerstecklinge werden zum Ende des Sommers aus den Frühjahrstrieben geschnitten, sobald die Triebe ausgehärtet sind. Ideal ist die Verwendung verholzter Stecklinge, die Ende Januar geschnitten und nach dem Bestäuben des Schnittes mit Bewurzelungshormonen gesteckt werden. Die Aussaatschale wird vorbereitet, indem auf dem Boden eine geeignete Dränageschicht gegen Staunässe aufgebracht wird.
Eine Methode, mit der man vor allem die verschiedenen Varietäten vermehren kann, ist das Pfropfen. Dazu sind viele verschiedene Vorgehensweisen be­kannt. Welche Veredelungsmethode am meisten Erfolg verspricht, findet man am besten aufgrund eigener Erfahrung selbst heraus. Gute Ergebnisse hängen sehr von den eigenen Fertigkeiten im Umgang mit dem Pfropfmesser ab. Die Spezies, die am meisten als Unterlage verwendet wird, auf die die verschiedenen Varietäten veredelt werden, ist der grüne Fächerahorn. Die Pfropfung wird üblicherweise zum Ende des Winters vor dem Austrieb durchgeführt. Das Pfropfreis wird während der winterlichen Ruhezeit geschnitten.
Will man innerhalb kürzester Zeit ohne exzessive Kosten und besondere Risiken einen guten Bonsai entwickeln, dann kann man das Abmoosen als die praktischste Methode bezeichnen. Die übliche Vorgehensweise, wie sie für andere Spezies beschrieben worden ist, findet auch bei dieser Art Anwendung. Der beste Moment für das Abmoosen ist, wenn der Baumsaft wieder zu fließen beginnt Das ist in der Regel Ende Februar bis Anfang März der Fall. Zu dieser Zeit ist auch die Wundheilung der Schnitte begünstigt. Bereits nach einigen Monaten sprießen die neuen Wurzeln, und im Herbst oder dem darauf folgenden Frühling kann man die abgemooste Pflanze von der Mutterpflanze trennen. Man schneidet den neuen Rohbonsai unterhalb der neuen Wurzeln ab. Diese sind weiß und sehr zerbrechlich, der neue Baum darf deshalb nur sehr vorsichtig eingepflanzt werden. Bevor man ihn in eine Bonsaischale pflanzt, sollte er besser ein Jahr in einem geräumigen Behälter oder im Boden verbringen. So kommen die neuen Wurzeln zu Kraft.

Standort
Wie schon angedeutet wurde, ist der Baum im Hinblick auf Wärme und Kälte recht resistent. Um aber sein prächtiges Laubwerk nicht zu schädigen, sollte er schattiert, d.h. vor der intensiven sommerlichen Hitze ge­schützt werden. Im Herbst jedoch stellt man ihn möglichst vollsonnig, da so die Farbe des Laubes intensiver wird. Die niedrigen Temperaturen des Winters verträgt er gut, es ist aber besser, den Wurzelapparat und die feine Verzweigung bei Frost zu schützen.

Gießen
Die allgemeine Regel für die Bewässerung, die nahelegt, immer dann zu gießen, wenn die Erdoberfläche trocken ist, gilt normalerweise auch für den Ahorn. An besonders warmen Tagen und bei Wind muss man jedoch häufig mehr als einmal tätig werden, da dann der Boden sehr schnell austrocknet. Man sollte immer daran denken, dass sowohl der Mangel als auch der Überfluss an Wasser ernste Folgen für die Pflanze haben kann. Wassermangel führt zum Er­schlaffen der Blätter, Verdorren der Spitze und zu kümmerlichem Wachstum, während sich die Blätter bei Wasserüberschuss an den Rändern schwarz färben.

Beschneiden
Der beste Zeitpunkt für den Rückschnitt der Ahornzweige ist der Winter. Wenn der Baum seine Blätter verloren hat, ist es leichter, seine komplette Struktur zu beurteilen. In dieser Zeit kommt es auch nicht zu einem starken Verlust von Pflanzensaft, dem sogenannten „Bluten“, da sich der Baum in der Ruhephase befindet. Gerade die dickeren Äste sollten immer im Winter beschnitten werden. Greift man dagegen während der Wachstumsperiode ein, würde selbst das Auftragen von Wundverschlusspaste das Ausfließen von Pflanzensaft nicht verhindern können.
Was den Auslichtungsschnitt betrifft, so sollte man darauf achten, dass sich die Knospen beim Ahorn paarweise bilden, eine auf jeder Seite eines Zweiges (gegenständig). Durch die vorausschauende Auswahl der Knospen und das richtige Beschneiden der Zweige wächst der neue Austrieb in die vorgegebene Richtung. Sucht man nach einem vernünftigen Schema für die Entwicklung des Hauptastes, so sollten sich die sekundären und tertiären Zweige nicht kreuzen, sondern ein dichtes und komplett horizontales Zweignetz bilden. Ist die Verzweigung einmal gestaltet, was in ungefähr fünf Jahren zu erreichen ist, dann muss der Baum alle vier bis fünf Jahre energisch zurückgeschnitten werden. Nur so sind die Proportionen und eine gute Gestalt zu erhalten. Nach einem starken Rückschnitt ist ein Umtopfen sinnvoll.

Drahten
Da die Rinde des Ahorns besonders empfindlich ist, sollte das Gestalten hauptsächlich durch Beschneiden erreicht werden. Man drahtet also nur in besonderen Fällen. Der Draht darf wegen des starken Wachstums dieser Art nie länger als zwei Monate am Baum bleiben. Der beste Zeitpunkt, um zu drahten, ist das Frühjahr. Im Winter verlangsamt sich der Fluss des Pflanzensaftes. Obwohl man eine bessere Sicht auf die Zweigstruktur hat, sollte man deshalb das Drahten in dieser Jahreszeit vermeiden, da Zweige und Äste weniger biegsam sind und leicht brechen könnten.

Pinzieren
Sobald sich im Frühjahr die Knospen öffnen, werden sie pinziert. Es werden ein, maximal zwei Blattpaare stehengelassen. Greift man nicht zu diesem Zeitpunkt ein, würden die Triebe frei wachsen und lange Internodien bilden. Das führt zu einem ungeordneten, ästhetisch unschönen Aufbau. Zurückschneiden kann man während der gesamten Wachstumsperiode, wobei die niedrigen Äste weniger oft geschnitten und länger gelassen werden. Die jüngeren Exemplare sollten alle zwei Jahre im Mai/Juni vollständig entlaubt werden, wobei die Blattstängel stehenbleiben sollten.

Umpflanzen
Umgepflanzt wird im Frühling, wenn die Knospen anschwellen, aber bevor sich die Blätter bilden. Die besonders jungen Pflanzen werden jedes Jahr, die älteren alle zwei bis drei Jahre umgetopft. Was das Substrat betrifft, so sollte es offen und körnig sein und dabei genügend Feuchtigkeit halten können. Eine zu hohe Wasserhaltefähigkeit ist zu vermeiden. Das Substrat, das über all diese Eigenschaften verfügt, ist eine Mischung aus Akadama (50%), Sand (20%) und Lavagranulat (30%).

Düngen
Die Düngerdosierung für diese Spezies sollte mäßig, d.h. nicht sparsam, aber auch nicht zu reichlich sein. Beobachten sie die Entwicklung des Wachstums bei ihrer Pflanze! Als allgemeine Regel sollte man organischen Dünger, fest oder flüssig, vom Frühjahr bis zum Herbst einsetzen, die Düngung aber während der heißen Monate Juli und August aussetzen.

Krankheiten
Die am häufigsten anzutreffenden, krankmachenden Einflüsse sind Blattläuse, Spinnmilbe und Mehltau. Der Befall wird in der Regel zwischen Frühjahr und Herbstbeginn festgestellt. Im Fall der Blattläuse wird wenigstens dreimal alle zehn Tage ein spezifisches Blattlausvernichtungsmittel eingesetzt. Um dem Befall durch Milben vorzubeugen, sollte die Pflanze in einem feuchten und gut gelüfteten Ambiente stehen. Kommt es dennoch zum Befall, dann wird mit einem chemischen Milbenvernichtungsmittel behandelt. Der Mehltau greift besonders dann an, wenn sich zu großer Hitze eine hohe Luftfeuchte gesellt. Aus diesem Grund sollte man der Wahl des Standortes im Sommer besondere Aufmerksamkeit schenken.