erschienen in BONSAI ART 75

Jasminum - Jasmin

Der Jasmin gehört zur Familie der Oleaceae, die wenigstens 200 Arten zählt, deren Verbreitung sich vor allem auf die warmen Länder Europas, Asiens, Afrikas und die pazifischen Inseln konzentriert. In Italien gibt es eine wild wachsende Spezies: Jasminum fruticans. Diese Pflanze ist in Europa schon seit langem bekannt; sie wurde zum ersten Mal gegen Mitte des 16. Jahrhunderts erwähnt, nachdem sie von dem Seefahrer Vasco da Gama eingeführt wurde.

Die Pflanze wurde bald besonders von Frauen geschätzt, für die der Jasmin in der Sprache der Blüten Botschafter der Liebe war. Dieser Ruf haftete ihm auch in den kommenden Jahrhunderten noch an. Diese Berühmtheit verdankt er vor allem den orientalischen Dichtern.
Morphologisch handelt es sich um einen Laub abwerfenden oder immergrünen Strauch mit aufrechtem oder kletterndem Habitus, gegenüberstehenden oder wechselständigen und in der Regel lanzettartigen, kleinen Blättern. Er blüht früh, oft vor Beginn des Frühlings, und die gelben oder weißen Blüten, die sich von den grünen, gekrümmten noch blattlosen Zweigen abheben, können als erste Anzeichen der neuen Wachstumssaison angesehen werden. Der Jasmin bildet allein stehende Blüten, die sich immer an den Enden der kleinen Zweige entwickeln.
Die Blüte besteht in der Regel aus 5–8 Segmenten. Die Staubblätter sind doppelt im Kelch angeordnet. Die Frucht ist eine Beere, besteht aber häufig aus zwei aneinander gewachsenen aber dennoch getrennten Beeren, von denen jede ein Paar Samen besitzt.
Was seine wirtschaftliche Bedeutung betrifft, so spielen Jasminum officinalis und Jasminum grandiflorum eine wichtige Rolle in der Parfümindustrie. Der Jasmin ist auch eine wunderschöne rankende oder kletternde Zierpflanze, die wegen ihres zarten Duftes und ihrer typischen Beschaffenheit häufig in Schalen oder auch Gärten gezüchtet wird.

Der Jasmin als Bonsai

Obwohl es beim Jasmin keine Gründe gibt, ihn nicht als Bonsai zu kultivieren, und er gerade in warmem Klima große Freude bereiten kann, ist er noch immer nicht so verbreitet, wie er es eigentlich wegen seiner außergewöhnlichen Qualität verdient hätte.
Unter den Spezies, die für die Bonsaikunst am besten geeignet sind, befindet sich die japanische mit gelben Blüten: Jasminum nudiflorum, der als Winterjasmin bekannt ist. Andere Spezies, die ebenfalls besonders für diesen Zweck geeignet sind, sind Jasminum polyanthum mit weißer Blüte und Jasminum primulinum mit gelber Blüte. Gerade weil die Kultur so problemlos ist, wird diese Spezies auch Anfängern empfohlen. Kraftvolles Wachstum erleichtert die Realisierung guter Ergebnisse. Er eignet sich sowohl für aufrechte aber insbesondere auch für hängende Stilarten, doppel- und mehrstämmige Varianten. Ein Jasmin ist zudem ideal, um eine Felsgestaltung zu schaffen.

Vermehrung
Die am häufigsten für die Vermehrung des Jasmins eingesetzte Methode ist die durch Stecklinge. Der hierfür beste Zeitpunkt ist nach der Blüte, das heißt, von Ende März bis Anfang April. In der Regel werden Zweige aus dem vorherigen Jahr verwendet. Im Prinzip können aber auch die Zweige des gleichen Jahres ab Juli/August genutzt werden, wobei die Pflanze in diesem Fall aber lange Internodien ausbildet.
Die Stecklinge dürfen höchsten 8–10 cm lang sein und werden von Zweigen geschnitten, die kurze Internodien und kräftige Blätter aufweisen. Ideal ist es, wenn sie interessante Kurven zeigen. Der Steckling wird direkt unter einem Knoten abgeschnitten, wobei an der Basis ein 45°-Schnitt ausgeführt wird. Sobald die Wachstumshormone aufgebracht sind, wird er direkt in eine Erdmischung, die zu gleichen Teilen aus Akadama und Sand besteht, gesteckt. Danach wird gegossen, wobei in der Folge darauf zu achten ist, dass der Boden nie ganz austrocknet. Der ideale Standort ist in dieser Phase der Halbschatten (Wärme und Gewächshaus sind nötig).
Nach ungefähr dreißig Tagen beginnen die neuen Knospen zu wachsen und dies ist auch ein Hinweis auf die zeitgleiche Entwicklung der Wurzeln. Sobald sich zwei oder drei Blätter geöffnet haben, sollte die Pflanze schrittweise an die Sonne gewöhnt werden. Dies ist auch der richtige Augenblick, mit leichtem Düngen mit flüssigem, organischen Dünger zu beginnen. Um die Pflanze nicht zu schwächen, sollte noch nicht beschnitten oder pinziert werden. Ist der Steckling gesund, entwickelt er schon nach einem Jahr die erste Blüte.
Jasmine können auch in Baumschulen erworben werden, die häufig eine breite Auswahl zu moderaten Preisen anbieten. Die Wahl sollte auf solche Pflanzen fallen, deren Stämme keine Wunden von drastischem Rückschnitt aufweist, denn die Vernarbung verläuft sehr langsam. Dies ist vielleicht der größte Nachteil des Jasmin. Außerdem sollten nur solche Exemplare ausgesucht werden, die sich bester Gesundheit erfreuen, ein gutes Zweigwerk haben und deren Wurzeln gut entwickelt sind.

Standort
Wie bereits erwähnt, handelt es sich um eine Spezies, die in milden und warmen Klimaten wächst, weshalb sie das ganze Jahr über einen sonnigen Standort bevorzugt. Nur in den wärmsten Sommermonaten sollte sie in den Halbschatten gestellt werden, um unangenehme Verbrennungen an den Blättern zu vermeiden. Im Winter, sobald die Temperatur unter 3–5 C° sinkt, wird der Jasmin in einer kühlen Umgebung (ohne Heizung), wie einem Eingang oder unter einer Treppe untergebracht. Außerdem ist darauf zu achten, dass er nicht starkem Wind ausgesetzt wird. Ideal ist ein Kalthaus.

Gießen
Es muss nicht ausgesprochen häufig gegossen werden. Für den Jasmin gilt ohne weiteres die allgemeine Regel, nur dann zu gießen, wenn die Erde angetrocknet ist. Natürlich muss im Sommer mehr gegossen werden, manchmal bis zu zweimal am Tag. Es handelt sich aber um eine Pflanze, die auch Trockenheit gut verträgt, so dass sie auch dann nicht sofort einen Schaden erleidet, wenn das Gießen mal vernachlässigt wird. Dagegen sollte nicht zu viel gegossen werden, denn wenn das Wasser in der Schale stehen bleibt, entstehen an den Wurzeln größere Probleme als bei vorübergehendem Wassermangel.

Beschneiden
Berücksichtigt man, dass der Hauptnachteil des Jasmin seine Tendenz zum Saftrückzug ist, sollten keine dicken Äste geschnitten werden. Sollte es dennoch notwendig werden, ihn drastisch zu beschneiden, muss dieser Eingriff mit gut desinfizierten Werkzeugen erfolgen und danach sofort Verschlusspaste auf die Wunden aufgebracht werden.
Der Sommerschnitt erfolgt zwischen Ende Juni und Anfang Juli, wenn die Zweige des Jahres bis auf 1–3 Knoten zurückgeschnitten werden. Die Wahl der Zweige, die geschnitten werden sollen, richtet sich nach der Form, die der Baum erhalten soll, und der Kraft des jeweiligen Zweigs. Besonders schwache Zweige werden auch dann nicht geschnitten, wenn sie unästhetisch sind. Wenn das Wachstum sehr stark ist, sollten auch zeitweise überhängende Zweige geduldet werden. So beugt man dem Saftrückzug vor. Je reifer die Pflanze ist, desto gefährlicher ist das Beschneiden, weshalb in diesem Fall nur einmal im Jahr ausgelichtet wird und die unvermeidbaren aggressiven Eingriffe wohlüberlegt geplant werden. So ist klar, dass, wenn man einen Bonsai mit einem hohen Niveau aus einem Jasmin gestalten will, man von jungem Material ausgehen muss.

Drahten
Die Zweige des Jasmin sind zerbrechlich, besonders die älteren, die deshalb kaum mit Draht verändert werden können. Die jungen Zweige hingegen können nach der Blüte gedrahtet werden, wobei der Draht nur für einen Zeitraum von ungefähr zwei Monaten an der Pflanze verbleibt. Man belässt ihn nur für die unbedingt notwendige Zeit, damit der Zweig die gewünschte Form halten kann. Damit sich der Draht nicht in die Rinde einschneidet, sollte er vorher mit Kreppklebeband abgeklebt und dann auf 2/3 der Länge des Zweigs angebracht werden, wobei das letzte zerbrechliche Stück nicht gedrahtet wird.

Pinzieren
Nach der Blüte werden die verwelkten Blüten mit den Fingern abgezupft und die Zweige mit Blütenknospen geschnitten, während die Zweige mit Blattknospen erhalten werden. Am Ansatz der Verzweigungen bilden sich häufig neue Triebe, die sofort entfernt werden müssen, um die Kraft der bereits gestalteten Zweige nicht zu gefährden.
Im Mai/Juni wird das Wachstum der langen Zweige durch das Pinzieren des zweiten/dritten Knotens gebremst. Am nachfolgenden Wachstum bilden sich die neuen Blütenknospen für das nächste Jahr. Man sollte nicht vergessen, dass der Baum, wenn im Juli pinziert wird, kaum noch Blütenknospen bilden kann.

Umpflanzen
Da es sich um eine sehr kräftig wachsende Spezies handelt, ist häufiges Umpflanzen notwendig, das jährlich oder spätestens alle zwei Jahre erfolgen muss. Der für das Umpflanzen ideale Zeitpunkt ist das Frühjahr nach der Blüte oder Ende September nachdem die Blätter abgefallen sind. Die für diese Spezies am besten geeignete Substratmischung besteht zu 80 % aus Akadama und zu 20 % aus Komposterde. Um die große Wachstumskraft zu bremsen, sollte der Wurzelballen, der aus einer Pfahlwurzel mit ineinander verflochtenen feinen Wurzeln besteht, während des Umpflanzens drastisch beschnitten werden.

Düngen
Bis das kraftvolle Wachstum der neuen Triebe einsetzt, braucht überhaupt nicht gedüngt zu werden. Vom Ende der Blüte bis zum späten Sommer ist das intensive Düngen mit flüssigem, organischem Dünger dagegen notwendig. Im September und Oktober wird dagegen einmal im Monat sich langsam zersetzender Dünger (P-K-betont) zugeführt. Im Winter wird die Düngerzufuhr unterbrochen.

Krankheiten
Die Schädlinge, die bei dieser Spezies am häufigsten auftreten, sind Blattläuse, Raupen und Schildläuse. Bei ihrem Auftauchen werden systemische Insektizide eingesetzt, deren Anwendung mindestens dreimal in einem Abstand von jeweils zehn Tagen erfolgt. Wenn die Dränage des Bodens nicht gut ist, können die Wurzeln von Fäulnis befallen werden. Dann muss das Gießen reduziert und sofort ein Fungizid mit Breitbandwirkung angewendet werden.