Zwei DVDs mit Gestaltungen von Masahiko Kimura, aufgenommen auf dem II. und IV. Internationalen Kongress Mistral Bonsai in Spanien

Einen großen Meister beim Arbeiten zuzuschauen gehört immer noch zu den beeindruckenden Ereignissen für Bonsailiebhaber. Nicht immer ist dieser Blick nur angenehm. Insbesondere Masahiko Kimura hat mit seinen Extremtechniken das moderne Bonsai geprägt und dabei viele feinsinnige Gemüter verschreckt. Wie kaum ein anderer hat er in der Vergangenheit die Gemeinde gespalten in frenetische Anhänger und entsetzte Verächter. In Südeuropa, besonders in Italien und Spanien, hat er jedoch besonders treue Anhänger. Im April 2003 und 2007 war er in der Nähe Barcelonas auf die große Ausstellung „Premio Olea“ eingeladen, um seine Kunst zu zeigen. Davon gibt es zwei DVDs. 


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Kimura_DVD_04.jpg Als ich Mitte der achtziger Jahre die ersten Bilderbücher mit Gestaltungen von Kimura in die Hände bekam, sie wurden mir damals fast wie Geheimakten unter größter Verschwiegenheit und nahezu andächtig gezeigt, war ich wie elektrisiert von dem was ich sah – und konnte es nicht verstehen. Ohne die japanischen Erläuterungen entschlüsseln zu können, schien mir manche Metamorphose eines Baumes in einen Bonsai nicht nachvollziehbar. Einiges blieb magisch und wunderbar verschlossen. Dann tauchte einige Jahre später plötzlich eine halblegale Videokassette mit vier Demonstrationen von Kimura auf, die, mit deutlichen Qualitätsverlusten, von der japanischen Fernsehnorm NTSC auf unser PAL übertragen worden war. Kimuras Haare sahen auf diesem Video aus wie Kiefernnadeln. Die sehr eingeschränkte Erkennbarkeit von Details minderte jedoch kaum meine Begeisterung, den großen Meister arbeiten zu sehen. Es gab auch seine spezifischen Techniken zu bewundern, die damals wie vom anderen Stern schienen. Ich konnte durch die bewegten Bilder mehr von dem verstehen, was da geschah.
Heute haben das Verkürzen von Stamm und Wurzeln und das extreme Biegen von ausgehöhlten Ästen ihren festen Platz im Kanon der Bonsaitechniken. Die vorliegenden DVDs habe ich zugegebenermaßen nicht mit demselben Herzklopfen in Empfang genommen wie das Material der 80er. Nicht nur die Bonsai werden ohne eigenes Zutun älter – die Faszination dieses Mannes und seine Weise zu arbeiten haben mich aber immer noch angeregt.
Die beiden DVDs unterscheiden sich etwas im Aufbau. Die von 2003 zeigt neben den Demos an einem Formosa-Wacholder (Juniperus formosana) und einer Hakenkiefer (Pinus uncinata) auch Bilder der Workshops und aus der Ausstellung. Sie ist in den Sprachen Spanisch, Französisch und Englisch abspielbar und in höherer Auflösung hergestellt. Diese DVD bietet aufgrund dieser Details bei gleicher Laufzeit von etwa 50 Minuten eine größere Vielfalt und scheint mit mehr Sorgfalt hergestellt worden zu sein. Allerdings lief sie auf meinem Rechner nicht immer stabil.
Die zweite DVD von 2007 bietet nur zwei Demos Kimuras: Eine Eibe (Taxus baccata) und eine Föhre (Pinus sylvestris) erhalten ihre Bonsai-Grundform. Die Auflösung lässt Wünsche offen, ist aber ausreichend. Diese DVD bietet die  gesprochenen Texte leider nur in Spanisch und Französisch an.
Zu Schnitt und Präsentation lässt sich sagen, dass ein langatmiges Abfilmen von nervtötenden Drahtpassagen vermieden wurde. Verschiedene Blickwinkel und Großaufnahmen der entscheidenden Momente lassen ein kurzweiliges Verfolgen der Gestaltungen zu. Auch werden Probleme und Missgeschicke benannt, etwa wenn Kimura trotz ausgehöhltem Ast und Raffiabandage der Hauptast der Hakenkiefer bricht, der Meister aber tapfer weitermacht. Von Interesse wäre sicher auch gewesen, was aus den Bäumen etwa nach einem Jahr geworden ist. Eine vergebene Chance.
Dieser kritische Blick soll aber nicht verstellen, dass jede einzelne der vorgestellten Gestaltungen eine beeindruckende Qualität und enormen Mut des Gestalters dokumentiert. Das Material – durchweg Yamadori ausgezeichneter aber komplizierter Qualität – fordert in jedem Fall außergewöhnliche und kreative Lösungen. Kimura findet sie und setzt sie meisterlich um. Wenn er mit der Kettensäge arbeitet, hat man nicht den Eindruck, dass er den Bäumen Gewalt antut. In manchen Passagen scheint er das Holz damit geradezu zu „streicheln“. Man spürt seine Verbundenheit mit dem Baum, aber auch die Konsequenz seines Willens zur Gestaltung. Mir schien jeder seiner Schritte selbstverständlich und folgerichtig auf dem Weg zu einem Ziel, das Bonsai heißt. Meisterschaft auf höchstem Niveau, deren Ergebnisse vielleicht einmal Kunstwerke sind.

 

{ln:Kimura Mistral 2 '„Masahiko Kimura auf dem Mistral Kongress 2“}. Ca. 50 Min. Laufzeit, Sprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, 25,– Euro.

{ln:Kimura Mistral 4 '„Masahiko Kimura auf dem Mistral Kongress 4“}. Ca. 50 Min. Laufzeit, Sprachen: Französisch, Spanisch, 28,– Euro.

Erschienen in {ln:BONSAI ART 098 'BONSAI ART 98}